Nachrichten von Micah
Auch in dem neuen Buch der Autorin des preisgekrönten Buchs "Wie man eine Raumkapsel verlässt" (BP/mp 21/654) geht es um die Bewältigung eines Traumas der jugendlichen Protagonistin Sesame. Nach dem plötzlichen Tod von Sesames Adoptiv-Großmutter
versucht die 18-Jährige möglichst alleine zu leben, ohne Hilfe von den Behörden oder Freunden anzunehmen. Sie hat sich in einer alten Garage eine kleine illegale Wohnung geschaffen, macht online ihren High-School-Abschluss und vertraut eigentlich nur ihrem engsten Freund Micah. Nur er weiß, wo sie wohnt und was ihre Träume und Hoffnungen sind. Gemeinsam wollen sie nach ihrem Abschluss reisen und dann ein kleines Café eröffnen. Doch dann verschwindet Micah spurlos, als er seinen Eltern zuliebe in die "Fänge" einer mysteriösen Sekte gerät. Sesame ist verzweifelt und muss lernen, zu vertrauen und von ihren Freunden Hilfe bei der Suche nach Micah anzunehmen. Hat sie doch von ihrer Großmutter gelernt, dass man sich nur auf sich selbst verlassen kann. Stundenlang durchstreift sie mit ihren Hunden vom Hundesitter-Job die kleinen Gassen im Süden von Minneapolis. Sie ist zäh und hartnäckig, manchmal auch verzweifelt, aber am Ende kann sie Micah retten. Ermutigung erfährt sie bei der Suche auch von völlig fremden Menschen, die Botschaften in ihren Poesie-Kästchen hinterlegen. - Die Geschichte einer starken Freundschaft, das absolute Misstrauen gegenüber seltsamen Heilsbringern, die Kraft der Poesie und die bedingungslose Hilfe von Freunden wird in zwei Erzählsträngen (aus Sesames und Micahs Sicht) eindringlich thematisiert. Für Lesende, die sich auch mit den Schattenseiten des Lebens beschäftigen möchten, absolut empfehlenswert.
Karin Steinfeld-Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.

Nachrichten von Micah
Alison McGhee ; aus dem Englischen von Birgitt Kollmann
dtv (2022)
248 Seiten
kt.