In der Ferne
Der junge Håkan will mit seinem Bruder nach New York auswandern, doch verliert er ihn unterwegs, gelangt auf Irrwegen nach Kalifornien, von wo er sich zu Fuß aufmacht, seinen Bruder in "Nujark" zu finden. Er trifft Goldsucher, irrt durch die endlosen,
leeren Weiten des Westens, ohne Wasser und Nahrung, ohne Orientierung, bis er von einem Naturkundler aufgenommen wird, der dem naiven Analphabeten Grundkenntnisse in Anatomie, Hygiene und dem Heilen vermittelt. Håkan, mittlerweile zum Riesen gewachsen, zieht weiter und trifft auf die Wagentrails der Siedler; er, der Gewalt verabscheut, gerät in ein blutiges Gemetzel unter Siedlern, kann entkommen und wird danach steckbrieflich gesucht. Die Legende vom riesigen, furchtlosen "Hawk" entsteht und lässt ihn sich einsam in die Weiten der Wüste zurückziehen. Er überlebt als Einzelgänger in der Wildnis. - Die Geschichte eines ewigen Wanderns und der Wurzellosigkeit wird konsequent aus der Perspektive des naiven "Hawk" erzählt, doch der erzählende Autor steuert präzise Beobachtungen und tiefgründige Reflexionen bei über ein staubiges, brutales Land, in dem Menschen herumirren, die nirgendwo einen Platz finden und überall fremd sind. Trotz der Grausamkeiten und dem Fehlen jeglichen Glücks übt der Roman mit seinen erbarmungslosen, aber auch oft poetischen Schilderungen eine große Faszination aus. Liebhabern von Abenteuerromanen besonders empfohlen.
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.

In der Ferne
Hernan Diaz ; aus dem Englischen von Hannes Meyer
Hanser Berlin (2021)
302 Seiten
fest geb.