Kreuzberg Blues
Der zehnte Fall des Stuttgarter Privatdetektivs Georg Dengler (zul. "Der große Plan", BP/mp 18/652) ist brandaktuell. Der Krimi spielt in den ersten Monaten des Jahres 2020. Dengler fährt gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Olga nach Berlin, weil einer Freundin die Vertreibung aus der bezahlbaren Mietwohnung droht. Die Entmieter kämpfen mit harten Bandagen und scheuen nicht davor zurück, sogar Ratten in dem Wohnhaus auszusetzen. Die Mieterinitiative kämpft einen schier aussichtslosen Kampf gegen internationale Investoren und selbst der alteingesessene Bauunternehmer Kröger ist in dem großen Spiel nur eine Marionette. Nach getaner Arbeit werden die Nachrichten über den neuartigen Virus aus Wuhan immer alarmierender. Dengler kehrt nach Stuttgart zurück, verbringt Zeit bei seiner Mutter im Schwarzwald bis zu den ersten Lockerungen und Anti-Corona-Demos. - Eigentlich ein saftiges Stück Zeitgeschichte, wären da nicht die langen, belehrenden Abschnitte, in denen Denglers Sohn Jakob über das Wesen des Kapitalismus referiert und Martin Klein, Denglers Freund, Corona-Verschwörungstheorien nachhängt. Eigentlich war der Krimi als Fernsehdrehbuch geplant, was man dem Buch auch anmerkt, schnelle Schnitte und Szenenwechsel erhöhen die Spannung.
Marion Sedelmayer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Kreuzberg Blues
Wolfgang Schorlau
Kiepenheuer & Witsch (2020)
412 Seiten
fest geb.