Meine Schwester
Der Suizid geliebter Menschen hinterlässt offene Fragen und tiefen Schmerz bei den Hinterbliebenen, so auch bei der heute 60 Jahre alten Autorin Bettina Flitner. Sie begann ihre Ausbildung als Filmemacherin und feierte Erfolge als studierte Fotografin und Texterin. Ihre lebhaften Erinnerungen an die innige Beziehung zur jüngeren Schwester Susanne, die sich vor einigen Jahren das Leben nahm, und den Suizid der Mutter 33 Jahre zuvor, verarbeitet die Autorin in einem einfühlsamen und ehrlichen Lebensrückblick, der einen tiefen Blick in ihr Seelenleben erlaubt. Objektive Berichterstattung vergangener und aktueller Ereignisse im Wechsel verbergen die Autorenposition nicht. Man erfährt von der Schulzeit, und den polyamourös lebenden Eltern, einem linksliberalen Kulturmanager und einer zur Depression neigenden bildschönen Mutter. Die Schilderung der Charaktere von Großeltern, Eltern, Lehrern, Mitschülern und Nachbarn sind in Stil und Wortwahl meisterhaft. - Dieser lebendig erzählte Hintergrund an Tradition, Erziehung und menschlicher Schwäche versöhnt die Verlassene. Für alle Bestände.
Gudrun Schüler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Meine Schwester
Bettina Flitner
Kiepenheuer & Witsch (2022)
310 Seiten
fest geb.