Der Engel Esmeralda

Die Texte des ersten Erzählbandes De Lillos entstanden zwischen 1979 und 2011. Neben amerikanischen Schauplätzen spielen drei Geschichten in der Karibik, in Athen (nach dem schweren Erdbeben von 1981) und in einem Raumschiff. Die Beschäftigung mit Der Engel Esmeralda Terrorismus und Verschwörungstheorien schwingt in dem Text "Bader-Meinhof" mit. Dabei geht es um eine Schau im New Yorker Museum of Modern Art, die Gerhard Richters RAF-Zyklus "Oktober 1977" zeigt. Die Gemälde, die Baader, Raspe und Ensslin nach ihren Selbstmorden in Stammheim zeigen, befeuern die Fantasie und verwirren die Sinne zweier Besucher. Faszinierend auch "Der Läufer", der im New Yorker Central Park eine Kindesentführung beobachtet, was ihm allerdings erst bewusst wird, als er mehrmals am Ort des Geschehens vorbeigelaufen ist. Sehr eindrucksvoll ist die titelgebende Erzählung, in der zwei Nonnen, ein Sozialarbeiter und ein paar junge Graffiti-Sprayer sich um ein zwölfjähriges Mädchen kümmern, das auf einem Autofriedhof campiert. Sie können ihm aber nicht helfen: Esmeralda wird vergewaltigt und umgebracht. Doch bald taucht ihr Bild als Engel auf einer Werbe-Wand auf, das nachts leuchtet. Die beiden Nonnen, Gracie und Edgar (!), diskutieren, ob der Glaube an dieses angebliche Wunder, das immer mehr Schaulustige anzieht, akzeptabel ist. "Die Armen brauchen Visionen", erklärt Gracie, die jüngere und skeptischere Schwester, die alles für Aberglauben hält, während Edgar sich die nächtliche Erscheinung ansieht und ergriffen ist. Eine lohnende Lektüre für literarisch anspruchsvolle Leser. (Übers.: Frank Heibert)

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Engel Esmeralda

Der Engel Esmeralda

Don DeLillo
Kiepenheuer & Witsch (2012)

246 S.
fest geb.

MedienNr.: 572602
ISBN 978-3-462-04458-4
9783462044584
ca. 18,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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