Vogelweide

Eine in der Literatur oft dargestellte Situation: Zwei befreundete Paare, der eine Mann verliebt sich in die Frau des Freundes, und das Leben aller zerbricht. Uwe Timm schildert die Geschichte aus der Perspektive des Ehebrechers Christian Eschenbach, Vogelweide der alles verloren hat, seine Partnerin, die Geliebte, sein Unternehmen und sein Haus. Dadurch hat er plötzlich Zeit und fühlt sich reich geworden. Er lektoriert ein bisschen für einen Reiseverlag und arbeitet an einer Dokumentation über das Begehren, als er das Angebot erhält, für einige Monate als Vogelwart auf einer unbewohnten Nordseeinsel zu leben. Dort lässt er sich von den Geistern der Vergangenheit besuchen. Er beobachtet die Natur und denkt nach über die Liebe, das Begehren und über sein Verhalten, als sich seine Geliebte zu einem kurzen Besuch anmeldet. - Timm zeichnet das Porträt einer Gesellschaftsschicht, in der die Menschen mehr haben, als sie eigentlich brauchen. Doch trotz Erfolg, Geld und guter Partnerschaften sind sie nicht zufrieden und möchten mehr. Timm zeigt, dass unsere Gefühlswelt eben nicht beherrschbar und kontrollierbar ist, dass Leidenschaften unser Leben verändern können. Er versteht es, auch die widersprüchlichsten Gefühle sensibel zu analysieren und widmet sich ausführlich der Gefühlswelt der beiden Paare. Anders als in seinen früheren Romanen thematisiert er dafür nichts Zeitgeschichtliches. Gerade dies ist vielleicht für Timm-Fans die Schwäche des Romans. Freunde von ruhigen, kontemplativen Erzählungen in schöner Sprache werden die Lektüre genießen. (Nominiert für den Deutschen Buchpreis)

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Vogelweide

Vogelweide

Uwe Timm
Kiepenheuer & Witsch (2013)

334 S.
fest geb.

MedienNr.: 575834
ISBN 978-3-462-04571-0
9783462045710
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.