Der Fall Daniela Nitschke
Der inzwischen fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnete Autor Max Annas (zul. "Der Hochsitz", BP/mp 21/936) nimmt die Leser/-innen im unruhigen Jahr 1987 mit nach Ost-Berlin, wo zeitgleich vor dem Brandenburger Tor auf West-Berliner Seite Ronald Reagan „Mr. Gorbatschow! Tear down this wall“ fordert und aus den nach Osten gerichteten Lautsprechern „Die Mauer muss weg!“ ertönt. Oberleutnant Otto Castorp hat auf östlicher Seite entsprechenden Sicherheitsdienst zu leisten, als zu gleicher Zeit zwei Leichen nur wenige Meter voneinander entfernt entdeckt werden: Daniela Nitschke, eine DDR-Bürgerin, und ein Schweizer Jazzmusiker. Recht bald vermutet Castorp politische Hintergründe, zumal der Geheimdienst der DDR die verbotene südafrikanische Widerstandsorganisation ANC mit Ausbildung und Waffen gegen das Apartheid-Regime unterstützt. Agenten und Doppelagenten tummeln sich in Ost-Berlin, aber auch im Hafen von Rostock, wo auf einem Schiff zusätzlich zu Waffen auch viel Geld nach Südafrika verladen wird. Die Taktik der DDR lautet: „Jede falsche Banknote ist ein Agent gegen die Apartheid.“ Warum verschwinden anscheinend völlig uninteressante Personen (die Küchenhilfe Daniela Nitschke und ein Jazzmusiker)? Annas macht in seinem Roman so nebenher DDR-Geschichte, Agententätigkeit und Niedergang des Apartheid-Regimes in Südafrika (wo er selbst eine Zeitlang lebte) anschaulich und generationenübergreifend interessant.
Berthold Schäffner
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Fall Daniela Nitschke
Max Annas
Rowohlt Hundert Augen (2022)
Morduntersuchungskommission
366 Seiten
fest geb.