Iowa
Der Plot ist ein recht einfacher: Die Autorin (»Steffi«) begibt sich aufgrund eines Lehrauftrages in ein kleines College in einer Provinzstadt im ländlichen Iowa, das vor allem als Kornkammer des Mittleren Westens der USA bekannt ist. Als temporäre Reisebegleiterin fungiert Christiane Rösinger, ehemalige Lassie-Sängerin, Autorin und Entertainerin. Der Lehrauftrag spielt die geringste Rolle im Text. Zum einen geht es um die Freundschaft der beiden Frauen, die fast 30 Lebensjahre unterscheiden. Dabei ist Christiane die erfahrenere, besonnenere und mit Berliner Coolness gesegnet; Steffi die emotionalere, unsicherere, mit postpubertären Anfällen und grantelndem Wiener Schmäh. In den Dialogen der beiden verdeutlicht sich auch ein altersbedingt und kulturell unterschiedlicher Zugang zu verschiedenen Themen, wie etwa Beziehung, Geschlechterrollen oder Kinderkriegen. In Fußnoten stellt Christiane immer wieder ihr von Steffi zugeschriebene Äußerungen klar. Außerdem geht es um das Eintauchen in medial bekannte Amerika-Welten: Shopping-Malls, Fast-Food-Essen, religiöse Sondergemeinschaften, Waffen-Geschäfte. Das Besondere an den Episoden ist der subjektive Blick auf Land und Leute, gewürzt mit bissigen Kommentaren, purem Erstaunen und großer Neugierde auf das vertraut Unvertraute. Mit schier kindlicher Neugier widmet sich Steffi den Erscheinungen und stellt auch trotzig ihre Gegenposition zur liberalen College-Society zur Schau. Hingezogen fühlt sie sich hingegen zu proletarisch-trashigen Figuren in dubiosen Lokalen. Gut, dass vor Ort eine oberösterreichische Germanistin unterstützend zur Seite steht. – Literarisch scheint das Buch ein Leichtgewicht zu sein, aber eines mit viel Charme, Witz und auch sehr persönlichen und klugen Erkenntnissen und intimen Bekenntnissen. Eine solche Leichtigkeit zu erzeugen, ohne falsches Pathos und ohne pseudokritischen Fingerzeig, da gehört viel Talent dazu. Sehr gerne empfohlen. (Rezensiert von Fritz Popp für bn)
Redaktion
rezensiert für den Borromäusverein.
Iowa
Stefanie Sargnagel
Rowohlt Hundert Augen (2024)
301 Seiten
fest geb.