Bis wieder einer weint
1971, als Suse zehn Monate alt ist, stirbt ihre Mutter an Leukämie. Während Suse zunächst bei ihren liebevollen Großeltern in einem kleinen Dorf am Rande des Ruhrgebiets aufwächst, lebt ihre ältere Schwester bei ihrem Vater in dessen Villa. Als Suse zur Schule kommt, muss sie zu ihrem Vater, dem Besitzer einer florierenden Maschinenfabrik, und ihrer Schwester ziehen, der die Kleine lästig ist. Der Vater kümmert sich in seiner Trauer über den Tod seiner Frau kaum um seine Töchter, leidet aber auch an seiner Homosexualität, die er schon seiner Frau gegenüber verheimlichen musste. - Der Roman erzählt zum einen aus Suses Perspektive ihre Geschichte, die sie aus Fotos und Erinnerungen rekonstruiert. Zum anderen beschreibt ein allwissender Erzähler, wie sich ihre Eltern kennengelernt haben. Sichelschmidt schildert einfühlsam und nachvollziehbar diese tragische Geschichte einer Familie, die dem Leben nicht gewachsen zu sein scheint. Und gleichzeitig beschreibt sie anhand unzähliger Beispiele die Geschichte der westdeutschen Alltagskultur der fünfziger bis achtziger Jahre.
Adelgundis Hovestadt
rezensiert für den Borromäusverein.
Bis wieder einer weint
Eva Sichelschmidt
Rowohlt Hundert Augen (2020)
475 Seiten
fest geb.