Ladivine
Keiner ahnt, dass die hübsche Kellnerin Clarisse Rivière in Wahrheit Malinka heißt. Nicht einmal ihr Mann, Richard, und ihre Tochter Ladivine. Auch ihre Mutter, Ladivine Sylla, sowie ihre ärmliche Herkunft verschweigt Clarisse. Und dennoch besucht sie ihre Mutter jeden ersten Dienstag im Monat. Zunehmend wird sie immer verschlossener und eisiger, bis sie nicht einmal ihrer Familie gegenüber Gefühle preisgibt. Richard verlässt sie nach fünfundzwanzigjähriger Ehe, während es ihre Tochter Ladivine nach Deutschland verschlägt. Dort gründet sie eine Familie. - Marie NDiaye schildert die gestörten Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Partnern, die aus der Gleichgültigkeit und der ständigen Konfliktvermeidung entsteht. Die Unfähigkeit, sein Inneres vollständig nach außen zu kehren, gepaart mit Angst und Misstrauen, trennt die Personen voneinander, ohne dass sie voneinander ablassen könnten. So spannt sich die Liebe wie ein unsichtbares Band zwischen ihnen, das sie aber auf so heimtückische Weise umgarnt, dass sie die Unmöglichkeit, sich daraus zu befreien, erst bemerken, als es schon zu spät ist. Wie Puzzle-Stücke reiht Marie NDiaye die Geschichten vierer miteinander verbundener Generationen, auf denen ein Fluch zu lasten scheint, aneinander. Die vielen Bilder und Gedankenmonologe verleihen dem Roman eine innerpsychologische Tiefe, die dem Leser unter die Haut geht. Zu empfehlen. (Übers.: Claudia Kalscheuer)
Clara Braun
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Ladivine
Marie NDiaye
Suhrkamp (2014)
444 S.
fest geb.