Rombo

Das Thema dieses Romans könnte man schnell erzählen. Im Mittelpunkt steht die Erinnerung an ein Erdbeben, das im Mai 1976 den Nordosten Italiens erschüttert hat. Immer wieder lässt die Autorin einige Zeitzeugen dieser Katastrophe zu Wort kommen, Rombo deren Leben von dieser Urgewalt eines Erdbebens tief gezeichnet ist. Und es wird auch versucht, das Heranrollen und Explodieren dieses Bebens in Worte zu fassen. Den Titel "Rombo" kann man vielleicht mit "schwerer Erschütterung" oder "lärmendes Grollen" übersetzen. Aber der Roman ist viel mehr als nur die Erinnerung an ein heute außerhalb der betroffenen Region längst vergessenes Naturereignis. Wie schon in den früheren Romanen gräbt sich die Autorin tief hinein in die Landschaft, in die "Gegend", in der nach dem großen Beben nichts mehr so war, wie vor dem "Rombo". Es geht hier nicht um eine journalistische, möglichst detailgetreue Rekonstruktion einer Katastrophe, sondern um die Suche nach einer Sprache, die diesem Ereignis angemessen ist. "Die Wegsamkeiten und alle Gewissheit des Weges fanden sich von der Erschütterung unterwandert. Felsschlag, Erdrutsche, umgelenkte Wasserläufe, gestaute Seen, verwüstete Wälder unterbrachen die Wege, änderten ihre Richtung, sogar ihr Ziel". Wenn es das Ziel literarischen Schreibens ist, in immer neue, unbekannte Schichten der Sprache vorzudringen, dann ist dieser Roman ein einziger großer Gesteinsbrocken, in dem man Seite für Seite neue Entdeckungen machen kann. "Hellwaches Erlernen der neuen Lage, der veränderten Anordnung der Dinge". Für literarisch Interessierte sehr zu empfehlen.

Rombo

Rombo

Esther Kinsky
Suhrkamp (2022)

264 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 609821
ISBN 978-3-518-43057-6
9783518430576
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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