Die Engel sterben an unseren Wunden
Dramaturgisch höchst effektvoll beginnt dieser Roman des bekannten algerischen, mittlerweile in Frankreich lebenden Autors in der Todeszelle seines Helden. Am Vorabend der Hinrichtung - man schreibt das Jahr 1937 - blickt der junge Algerier auf ein verpfuschtes Leben zurück: "Mein Leben war Verdammnis." (S. 11). Und man schaut gebannt auf die Wechselfälle im Leben dieses jungen Mannes, und fragt sich bis zum Ende, wie es soweit kommen konnte, zumal der junge Muslim Turambo dem Leser auf Anhieb sympathisch ist, weil er trotz aller Widrigkeiten den geraden Weg zu gehen versucht, weil er sich beharrlich, aber vergeblich aus bitterster Armut zu befreien versucht und stoisch die ständigen Demütigungen durch die französischen Kolonialherren erträgt. Erst, als er sein Talent zum Boxen entdeckt, geht es aufwärts und gegen den Widerstand seiner konservativ-muslimischen Familie, für die Boxen kein anständiger Beruf ist, wird er zum gefeierten Boxchampion. Dennoch bleibt er weiter der Außenseiter im elitären Kreis der weißen Besatzer. Seine Liebe zu einer jungen Französin wird beiden zum Verhängnis. - So spannend und farbig der Autor auch das wechselvolle Schicksal seines Helden schildert, es bleibt ein melancholischer, ja bedrückend hoffnungsloser Roman, gerade weil die Perspektivlosigkeit und Armut der Algerier, die Kluft zwischen Arm und Reich und die Gegensätze zwischen französischer Besatzungsmacht und arabischer Bevölkerung so ungeschminkt und detailreich geschildert werden. Sehr lesenswert! (Übers.: Claudia Steinitz)
Die Engel sterben an unseren Wunden
Yasmina Khadra
Ullstein (2015)
379 S.
fest geb.