Der Stillstand
Nichts funktioniert mehr. Keine Technik, kein Strom. Als der Stillstand eintritt, organisieren sich die Bewohner von East Tinderwick neu. Der ehemalige Drehbuchautor Alexander Dupplessis, genannt Sandy, hat sich in dieser vortechnischen Idylle eingerichtet
und eine Aufgabe als Essenslieferant gefunden. Die Grenzen werden von Kordonisten bewacht, die die Sicherheit der kleinen Welt garantieren. Da taucht Sandys alter Freund Todbaume in einer zu einem Fahrzeug umgebauten, nuklear betriebenen Tunnelbohrmaschine, dem Blue Streak, auf und setzt sich im Gründerpark von East Tinderwick fest. Zusammen mit Todbaume hat Sandy früher in Hollywood gearbeitet. Eines ihrer nie verwirklichten Projekte war: noch eine Welt. Ihre dystopische Vision von damals scheint nun Realität geworden zu sein. Doch was ist Todbaumes Rolle darin? Die Botschaften, die er vom Rest des Landes überbringt, sind widersprüchlich. Lethems Roman ist eine Allegorie auf ein Amerika, das, zerfallen in seine Einzelteile, in einem Strudel aus Lügen und Gewalt dem Untergang entgegentreibt. Die Charaktere sind auf eindrucksvolle Weise lebendig gezeichnet und spiegeln in ihrem Rückzug auf sich selbst den Zerfallsprozess wider, der das Land in den Abgrund reißt.
Walter Brunhuber
rezensiert für den Borromäusverein.

Der Stillstand
Jonathan Lethem ; aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach
Tropen (2024)
327 Seiten
fest geb.