Schöne Ungeheuer
Der Physiker Jan Koller, Forscher am CERN in Genf, reist zu einem Kongress nach Linz und wird dort erstochen. Die Polizei verhaftet Kollers Kollegin Jelena Karpova, die den Mord gesteht. Karpovas Anwältin Eva Mattusch glaubt nicht an deren Schuld,
doch ihre Mandantin redet nicht mit ihr. Mattusch bittet den Wiener Wissenschaftsjournalisten Georg Hollaus, sie bei ihren Besuchen bei ihrer Mandantin zu begleiten, denn die beiden vereint das Interesse an der rätselhaften Himmelserscheinung nahe des Flusses Tunguska in Sibirien, die schon vor 100 Jahren die Forscher beschäftigte. Tatsächlich kommt Hollaus mit der mutmaßlichen Mörderin ins Gespräch, zum Tathergang sagt sie aber nichts. Die Juristin und der Journalist glauben, dass Karpova durch ihr Geständnis den wahren Täter schützen will. Ihre Nachforschungen führen sie nach Genf ins Forschungszentrum CERN, wo die Wissenschaftler auf der Suche nach der Entstehung des Universums sind. Mattusch bespricht mit Hollaus die Ergebnisse ihrer Gespräche mit Kollers Kollegen, die beiden reden aber auch viel über Literatur und die Naturwissenschaften, denn hier am Genfer See wurde nicht nur Wissenschafts-, sondern auch Literaturgeschichte geschrieben. Mattusch zeigt Hollaus daher auch die Villa Diodati, in der 200 Jahre zuvor der Roman "Frankenstein" entstand. Wo verbirgt sich die Lösung des Rätsels um Jelena Karpova, im CERN oder gar in der Villa Diodati? - In seinem neuen Roman gelingt es Wilfried Steiner, mit unkompliziertem Erzählstil und ohne langatmig zu sein, eine Welt der Naturwissenschaften voller komplexer physikalischer Theorien zu vermitteln. Der Autor zeichnet mit Ironie und nicht ohne Witz ein präzises Porträt seiner Protagonisten, auch seine Nebenfiguren sind gut charakterisiert und daneben diagnostiziert er präzise grundlegende Charakteristika der zeitgenössischen Gesellschaft. Ein beeindruckender Roman.
Günther Freund
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Schöne Ungeheuer
Wilfried Steiner
Otto Müller Verlag (2022)
313 Seiten
fest geb.