Gesund genug

In den rückblickenden Abschnitten ihres Lebens beschreibt die Ich-Erzählerin ihren Vater als fanatischen Gesundheits-Apostel, nie wurden ihre kindlichen Essenswünsche erfüllt. So bald als möglich verließ sie ihr Elternhaus, aber auch dann blieb Gesund genug der Einfluss des Vaters bestehen. Ihre Männergeschichten und auch ihre Zeit in der WG mit einer älteren Dame waren nie von Dauer. Immer wieder bricht sie aus oder die Partner verlassen sie. Jetzt am Ende des Lebens ihres Vaters nimmt sie Abschied von dem Menschen, den sie indirekt für ihr unerfülltes Leben verantwortlich macht und der ihr die immer vermisste Liebe nie gewährte. In gewisser Weise versöhnt sie sich aber auch mit ihm, als sie entdeckt, dass es wohl auch ein Leben gab, das ihr Vater selbst nicht leben konnte, und das ihn so unglücklich machte. - Das Buch beschreibt die Sterbephasen eines Menschen und vor allem die Gedanken der diesen Menschen begleitenden Personen sehr realistisch. Die palliative Situation ist absolut lesenswert. Auch das Scheitern eigener Lebensentwürfe und -vorstellungen und Beziehungen ist gut beschrieben. Das Buch wirkt durch die kurzen Passagen mit den Schilderungen der Vergangenheit und Gegenwart etwas zerklüftet, auf der anderen Seite erzeugt dies auch einen wichtigen Spannungsbogen, wenn man Zeit hat, an diesem Buch dranzubleiben.

Gabi Radeck

Gabi Radeck

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Gesund genug

Gesund genug

Ursula Fricker
Atlantis (2022)

234 Seiten : Illustration
fest geb.

MedienNr.: 610740
ISBN 978-3-7152-5012-0
9783715250120
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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