Das Lied der Bernadette
In diesem Roman erzählt Werfel von den Visionen der heiligen Bernadette, die die aus ärmlichen Verhältnissen stammende 14-Jährige bei der Grotte von Massabielle in Lourdes erlebt haben soll. Danach hatte Bernadette Zeit ihres Lebens das Bild der "wunderschönen Frau" glasklar vor Augen, die ihr eines Tages offenbart, die "unbefleckte Empfängnis" zu sein. Trotz vieler Heilungen Kranker bei der Quelle der Grotte begegneten Vertreter aus Staat und Kirche Bernadettes Schilderungen mit Skepsis, Argwohn und Neid. Werfel beschreibt seine Protagonistin als eine einfache junge Frau, die ihrer Zeit gemäß die ihr auferlegte Opferrolle als eine Tugend ansah und diese gern und selbstlos annahm. Lohnenswert wäre eine kommentierte Ausgabe dieses mitunter langatmigen sozialkritischen Romans gewesen, der inzwischen gemeinfrei ist. Auch für den nichtgläubigen Leser wäre eine hinsichtlich Orthographie und Silbentrennung einwandfreie und mit Übersetzungen französischer Ausdrücke versehene Ausgabe ebenso hilfreich wie Erläuterungen zum klerikalen, sozialen und politischen Gefüge der Zeit(-genossen) Bernadettes. Daher nur empfohlen für Büchereien, in denen religiöse Romane stark nachgefragt werden und für Leser/innen, die die Geschichte von Lourdes ohnehin schon kennen.
Adelgundis Hovestadt
rezensiert für den Borromäusverein.
Das Lied der Bernadette
Franz Werfel
Benno (2016)
551 S.
fest geb.