Boy
Wenn sich ein Kind das Leben nimmt, ist das für alle Betroffenen und besonders für Eltern ein traumatisches Ereignis. Die Fragen, wie es dazu kommen konnte, ob eigene oder fremde Schuld oder eigene Versäumnisse den geliebten Menschen in den Tod
getrieben haben, lasten ein Leben lang auf der Seele und können - wie in diesem Fall - sogar die Beziehung der Eltern zerstören. Davon erzählt in sprachlich und inhaltlich einfühlsamer Weises dieser preisgekrönte zweite Roman der jungen holländischen Autorin (geb. 1983). Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei "Boy" um einen adoptierten schwarzen Jungen handelt, der darüber hinaus durch seine Schüchternheit, Ängstlichkeit und seine homoerotische Veranlagung auffällt. All dies macht ihn in seiner Klasse zu einem Mobbing-Opfer par excellence. Seine Mutter, eine Psychiaterin, glaubt an die Mitschuld einer Lehrerin und sinnt auf Rache. Doch so einfach liegen die Dinge nicht, wie sie am Ende erkennen muss. - Der aus wechselnden Perspektiven, in wirkungsvoller Mischung aus Rückblende und Gegenwartshandlung erzählte Roman entfaltet die komplexe Problematik in psychologisch überzeugender Manier und vermag den Leser vom ersten Satz an zu fesseln und zu berühren. Empfehlenswert. (Übers.: Christiane Burkhardt)
Helmer Passon
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Boy
Wytske Versteeg
Verl. Klaus Wagenbach (2016)
Wagenbachs Taschenbuch ; 755
236 S. : Ill.
kt.