Justizpalast

Petra Morsbach erzählt nach dem Grundsatz der teilnehmenden Beobachtung. Sie recherchiert ihre Stoffe genau, sei es in der Oper oder im kirchlichen Milieu. Neun Jahre hat sie an den neuen Roman verwandt, mit über 30 Zivil-, Straf- und Verwaltungsrichtern Justizpalast gesprochen. Die juristischen Fallgeschichten, die internen Gerangel und die privat-familiären Engpässe von Richtern sind gebündelt im Schicksal der Hauptfigur Thirza Zorniger. Sie entstammt einer desolaten Schauspielerfamilie, die Mutter stirbt früh, das Mädchen bleibt beim Großvater, selbst Jurist, will unbedingt Richterin werden und auf der "richtigen Seite der Verbote" stehen. So arbeitet sie sich ebenso kontinuierlich wie beharrlich nach oben, wird Vorsitzende Richterin der 44. Kammer im Münchner Justizpalast. Mit Sinn für Komik, Tragik und sprechende Details von Strafsachen schickt Morsbach ihre Heldin auf eine nie langweilige Reise ins Innere eines Rechtssystems, das bei aller Demokratie seine Unüberschaubarkeit behält. Großartig etwa im Kapitel über die Gnadenbürokratie: ein romantisches Instrument im Orchester der Justiz. Dahinter stehen viele Fragen: Worin liegt die Kraft des Urteils, wozu ist Gerechtigkeit gut, warum ist die Justiz permanent überarbeitet, was hat Rechtsprechung im Richteramt mit dem Glauben an ein gelingendes Leben und mit privatem Glück zu tun? Ein brillanter Roman, ein Lesegenuss, nicht nur für Juristen, lehrreich, unterhaltsam, spannend bis zur letzten Seite, hochgradig empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Justizpalast

Justizpalast

Petra Morsbach
Knaus (2017)

478 S.
fest geb.

MedienNr.: 863250
ISBN 978-3-8135-0373-9
9783813503739
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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