Wie ein Band aus roter Seide
Hawaii, 1964: Bei der Beerdigung von Bohai Leong treffen drei Frauen aus drei Generationen aufeinander, die vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens stehen: Bohais Frau Amy, ihre Tochter Theresa und Bohais Mutter. Bohai war 1914 zusammen mit seinen wohlhabenden
Eltern Frank und Lin und seiner Tante Hong aus China nach Hawaii übergesiedelt. Bald wird Kaipo geboren, der mit seinem Mut und seiner Entschlossenheit das genaue Gegenteil zum schüchternen Bohai ist. Lin wünscht ihrem einsamen ältesten Sohn so sehr sein Lebensglück, dass sie ohne sein Wissen für ihn schließlich Amy Chan als Ehefrau auswählt. Amy stammt aus einer zwölfköpfigen armen Familie und ist eigentlich in den Apothekersohn Henry Wong verliebt. Doch sie verrät ihre Liebe und heiratet Bohai. Kurz nach der Hochzeit seines Sohnes stirbt Frank Leong unter mysteriösen Umständen an einer Vergiftung. Bohai hat Amy aufrichtig geliebt, seit sie sich kennenlernten, sieht in der gemeinsamen Tochter Theresa die Krönung ihrer Liebe und erfährt erst viele Jahre später, dass seine Frau sich nur wegen des Geldes auf ihn einließ, dass sie nichts für ihn empfand und dass sein Vater einem Mordkomplott von Henrys Familie zum Opfer fiel. Bohai stirbt vor Gram und lässt eine verstörte Mutter, eine ernüchterte Ehefrau und eine hochschwangere Tochter zurück, deren Beziehung zum Vater des Ungeborenen nicht im Mindesten auf Liebe basierte. In gemeinsamen Gesprächen erinnern sich die drei Frauen an die Vergangenheit und schöpfen Trost und Hoffnung aus den schicksalhaften Verstrickungen und Verknotungen des roten Bandes, dass nach altem chinesischem Glauben Liebende verbindet. - In zahlreichen Rückblenden wird in diesem breit angelegtem Roman die Geschichte der Familie Leong von der Zeit des Boxeraufstands in China bis in das Jahr 1964 aufgeblättert. Abwechselnd wird aus den Perspektiven von Lin, Amy und Theresa erzählt. So erhält der Leser ein umfassendes Bild von den Beweggründen der Frauen aus drei Generationen. Eine fesselnde Geschichte, die an Tragik und Dramatik kaum zu überbieten ist. Gern empfohlen. (Übers.: Sabine Schwenk)
Birgit Fromme
rezensiert für den Borromäusverein.

Wie ein Band aus roter Seide
Cecily Wong
Bloomsbury (2015)
414 S.
fest geb.