Unterwerfung

Der genau am Tage des islamistischen Anschlags auf Charly Hebdo in Paris erschienene Roman des bekannten französischen Autors schlug nicht nur in Frankreich hohe Wellen, ist er doch ein (wenn wohl auch ironisch gemeinter) Abgesang auf den Westen, Unterwerfung seine säkularen und religiösen Werte generell und gleichzeitig eine deutliche Warnung vor einer von Houellebecq prognostizierten islamischen Regierungsübernahme in Frankreich und einer Islamisierung Europas. Weil die gemäßigten Parteien und die Linke den rechtsradikalen Front National unter Führung von Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen mit allen Mitteln verhindern wollen, machen sie bei der Wahl im Jahre 2022 gemeinsame Sache mit dem sich gemäßigt gebenden Kandidaten der "Bruderschaft der Muslime" Mohammed Ben Abbes und verhelfen ihm zum Sieg. Sofort geht er, "der den Islam als vollendete Form eines alles wieder vereinigenden Humanismus darstellen möchte", der auch erklärt, die drei "Buchreligionen" zu respektieren (S. 131), daran, einschneidende politische und gesellschaftliche Veränderungen in die Wege zu leiten: Wiederherstellung des Patriarchats, Stärkung der Familie, gleichzeitig Abbau der Sozialleistungen, Herausdrängen der Frauen aus Beruf, Wissenschaft und öffentlichem Leben ... Sein außenpolitisches Fernziel ist die Erweiterung der EU in den Mittelmeerraum hinein, um damit die islamische Welt zum neuen Gravitationszentrum zu machen. Der 43-jährige Ich-Erzähler François, Literaturprofessor an der Sorbonne, ein prinzipienloser, aber letztlich vereinsamter Hedonist, sieht sich aus Karrieregründen gezwungen, zum Islam zu konvertieren. Er tut dies ohne große Skrupel. Zumindest der Polygamie kann er, der sich bisher jedes Semester eine neue Studentin geangelt hat (die Sexszenen werden ziemlich drastisch geschildert), viel Positives abgewinnen, auch wenn er darunter leidet, dass seine junge jüdische Freundin mitsamt ihrer Familie nach Israel auswandert. - Ein hochpolitischer, vielleicht auch visionärer Roman, der mit seiner bitteren Gegenwartsanalyse unserer zunehmend materialistischen Gesellschaft den Spiegel vorhält, aber auch vor den Gefahren eines islamisierten Gottesstaats warnt. Ein irritierendes, provozierendes ("... der Gipfel des menschlichen Glücks (besteht) in der absoluten Unterwerfung", S. 234) und literarisch beeindruckendes Buch, über das sich zu diskutieren lohnt! (Übers.: Norma Cassau, Bernd Wilczek)

Unterwerfung

Unterwerfung

Michel Houellebecq
DuMont (2015)

270 S.
fest geb.

MedienNr.: 580865
ISBN 978-3-8321-9795-7
9783832197957
ca. 22,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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