Bilder einer Diktatur
Dem Historiker Gerhard Paul, Begründer der "Visual History" im deutschsprachigen Raum, gelingt es, anhand von 42 sorgsam ausgewählten Bildern aufschlussreiche Einblicke in die Geschehnisse während des "Dritten Reiches" zu geben, indem er diese jeweils in den richtigen Kontext setzt, ihren Hintergrund ausleuchtet, ihre oft mysteriöse Folgegeschichte aufklärt und sie, wenn möglich, an den abgebildeten Personen und ihrem Schicksal festmacht. Dabei bezieht er sich nicht nur auf bekannte, teils von offiziellen Stellen in Auftrag gegebene und in der historischen Erinnerung fest verankerte Fotografien, Plakate, Schilder, Filme und andere künstlerische Objekte, sondern auch auf kaum bzw. gänzlich unbekannte, die jedoch in ihrer Gesamtheit die menschenverachtende Vorgehensweise des NS-Regimes von 1932-1945, den bedrohten Alltag und das Kriegsgeschehen intensiv und realistisch deutlich machen. Zudem belegen die bewusst konstruierten, auf Emotion und Aggression abzielenden Bilder von NS-Fotografen und -Künstlern die unheilvolle Wirkung von plumper Propaganda und allgegenwärtiger Manipulation. In allen Ausführungen - seien es der Handschlag bei Hitlers Machtübernahme, Prangerumzüge und "Reibpartien" (Erniedrigungen und Demütigungen jüduíscher Mitbürger z.B. nach dem Anschluss Österreichs), Ikonografie des NS-Antisemitismus, Menschenjagden, Stigmatisierungszeichen, Überleben in der Illegalität - zeigt sich, wie stark diese Bilder "unsere Sicht auf den Nationalsozialismus und Drittes Reich geformt haben". - Allgemein sehr empfehlenswert!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Bilder einer Diktatur
Gerhard Paul
Wallstein Verlag (2020)
Visual history: Bilder und Bildpraxen in der Geschichte ; Band 6
528 Seiten : Illustrationen (teilweise farbig)
fest geb.