Sie kam aus Mariupol
Über Jahrzehnte blieb für die Schriftstellerin Natascha Wodin die Geschichte ihrer Mutter Jewgenia im Dunkeln. Sie selbst wurde 1945 in einem Lager für "Displaced Persons" in Nürnberg geboren. Als Natascha zehn Jahre alt ist, machte die Mutter ihre allgegenwärtige Drohung war und nimmt sich das Leben. Auch Jahrzehnte später weiß man kaum mehr darüber, was vorher geschehen ist und welches Schicksal Jewgenia erleben bzw. erleiden musste. Dann ein Zufallsfund im Internet, der den Stein ins Rollen bringt. Nach und nach offenbaren sich die Hintergründe der Familie, die beispielhaft für die Geschichte im 20. Jh. sind: Bürgerkrieg, Weltkriege, Revolution, Säuberungen, Flucht und Vertreibung. Und dann finden sich die Erinnerungen ihrer Tante Lidia auf einem alten Schrank: Ein Schatz, der die große Geschichte anhand eines Einzelschicksals belegt und lebendig werden lässt. Wodins Buch wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, die gekürzte Lesung mit der Schauspielerin Dagmar Manzel nimmt sich selbst sehr zurück und stellt allein die Familiengeschichte in den Vordergrund. Für Liebhaber von Gegenwartsliteratur und Zeitgeschichte besonders zu empfehlen.
Felix Stenert
rezensiert für den Borromäusverein.
Sie kam aus Mariupol
Natascha Wodin. Dagmar Manzel liest
Argon [u.a.] (2017)
argon edition
8 CD (ca. 540 Min.)
CD