Der Wal

Myeong-Kwan Cheons Roman "Der Wal", in Korea bereits 2004 erschienen, lässt sich nur schwer zusammenfassen. Vor dem Hintergrund der gewalttätigen Geschichte (Süd-)Koreas im 20. Jh. zwischen brutaler japanischer Kolonialherrschaft, Koreakrieg, Diktatur Der Wal und mühsam erkämpfter Demokratie entwirft der Autor die miteinander verwobenen Lebensläufe dreier starker Frauen in der fiktiven Stadt P'yongdae. Da ist zunächst eine namenlose Frau, die aus "Rache", denn sie findet wegen ihrer Hässlichkeit keinen Mann, als Suppenküchenbetreiberin ein Vermögen anhäuft und versteckt; dann ist da Kumbok. Sie stammt aus einem Bergdorf und schafft durch das Ausnutzen von Männern, die sie mit ihrem Duft betören kann, ihren Aufstieg, der darin gipfelt, dass sie in P'yongdae die Suppenküche der namenlosen Frau nach deren Tod übernehmen kann. Und dann ist da noch Ch'unhui, Kumboks Tochter, eine gewaltige, sanfte Erscheinung. Ch'unhui ist stumm, sie war lange im Gefängnis, weil sie ungewollt einen Brand ausgelöst hat, der 800 Menschen das Leben gekostet hatte. Nun lebt sie wieder in einer alten Ziegelfabrik, wo sie einst gearbeitet hat. - Der Roman ist insgesamt vor allem dem magischen Realismus verbunden, aber auch traditionellen Erzählweisen der koreanischen Kultur. Cheon verwebt meisterhaft ein gewaltiges, meist vielfach gebrochenes Figurenpersonal, immer wieder neue Wendungen, skurrilen Humor und nicht zuletzt stille wie wilde Gefühle zu einem kaum beschreibbaren Panorama. Das Buch fordert Aufmerksamkeit und Konzentration - es belohnt dafür mit einem reichen Leseerlebnis und einem tiefen, weiblichen Einblick in die koreanische Kultur.

Friedrich Röhrer-Ertl

Friedrich Röhrer-Ertl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Wal

Der Wal

Cheon Myeong-kwan ; aus dem Koreanischen von Matthias Augustin und [einem weiteren]
Weissbooks (2022)

508 Seiten : Illustration
fest geb.

MedienNr.: 751112
ISBN 978-3-86337-197-5
9783863371975
ca. 28,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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