Mit der Faust in die Welt schlagen
Irgendwo in der Provinz Sachsens: Philipp, Tobias und ihre Eltern sehnen sich nach dem kleinen privaten Glück. Ein Haus wird gebaut, finanziert von der Bank und mit viel Eigenleistung am Abend und an den Wochenenden. Das Leben selbst ist "unspektakulär", ja langweilig, denn mit der Region geht es immer weiter abwärts. Schulen und Geschäfte werden geschlossen, die Menschen verlieren ihre Arbeitsplätze. DDR-Karrieren sind nichts mehr wert, man nimmt, was kommt. Mehr aus Langeweile machen die beiden Brüder zusammen mit anderen Jugendlichen Unsinn, gefährlichen Unsinn! Das Leben bietet keine Perspektive, Alkohol und Drogen bieten zumindest Abwechslung vom dumpfen Alltag. Dann sollen Flüchtlinge in den Ort kommen. Zeit aufzustehen und "dem System" Widerstand zu leisten. Rechte Ideen und Ideologien fallen hier auf fruchtbaren Boden, gerade der jüngere Tobias findet hier "Freunde" und lässt sich begeistern. Philipp zieht sich dagegen immer mehr zurück. Gerade mal 24 Jahre alt ist Lukas Rietzschel. Sein Buch fängt die Trostlosigkeit der beiden Brüder und ihrer Altersgenossen ein - auch seine Erzählweise ist manchmal gekonnt "dumpf" und vermittelt so einen Eindruck von der Lebenswirklichkeit. Der Hass auf andere und die Abkehr von der Demokratie leuchten da (fast) schon gefährlich eingängig ein. - Ein erschreckend ehrliches Stück Gegenwartsliteratur über ein Leben ohne ein "Morgen". Von Christoph Letkowski sehr souverän und ungekürzt gelesen, ist dieses Hörbuch sehr zu empfehlen.
Felix Stenert
rezensiert für den Borromäusverein.
Mit der Faust in die Welt schlagen
Lukas Rietzschel. Gelesen von Christoph Letkowski
Hörbuch Hamburg (2018)
2 mp3-CD (ca. 473 Min.)
mp3-CD