Der ferne schöne Klang
Der Schweizer Comic-Zeichner Philippe Chappuis alias Zep schafft es über seine kunstvoll in Farbe gesetzte Bildwelt in "Der ferne, schöne Klang" eine geradezu kontemplative Lese-Stille zu erzeugen. Die Leser/-innen des Hardcover-Comics kommen dem Klosterleben im Kartäuserorden des Protagonisten Marcus alias Bruder William dadurch sehr nahe. Williams frei gewähltes Abtei-Leben in Armut, Gehorsam, Keuschheit und Stille wird nach 25 Jahren dadurch aufgewühlt, dass er zur Testaments-Verlesung seiner Tante Elise nach Paris geladen wird. Auf der Zugfahrt nach Paris begegnet Marcus einer jungen Frau namens Mery, die aufgrund einer Krebserkrankung nur noch wenige Monate zu leben hat. Aus Rückblenden in die Kindheit erfährt die Leserschaft, dass Marcus‘ damaliger Entschluss, ins Kloster zu gehen, auf dem drängenden Wunsch beruhte, ein Leben zu wählen, das dem Tod ähnlich ist. Marcus ist davon überzeugt, dass sein Schweigegelöbnis zumindest einem Saubermachen gleichkommt. Auf seiner Tour durch Paris und über seine nähere Bekanntschaft mit Mery wird Marcus' durch Gebetszeiten durchgetaktetes Mönchs-Leben in jeder Hinsicht aufgewühlt. Konsequent verbleibt Zeps Erzählweise selbst in Momenten dieser und jener Versuchung in leise klingenden Bildern. Großstadt heißt eigentlich Action und Reizüberflutung? In Zeps Comic erleben wir Paris gewissermaßen auf mönchische Art und Weise. Für Marcus kommen nicht nur über die Testamentseröffnung potentiell lebensbereichernde Faktoren ans Licht. Der Comic berührt und hallt "fern und schön" nach. Allen Büchereien ab mittleren Comic-Beständen für Jugendliche und Erwachsene empfohlen.
Michaela Groß
rezensiert für den Borromäusverein.
Der ferne schöne Klang
Zep ; aus dem Französischen von Claudia Sandberg
schreiber&leser (2021)
84 Seiten : farbig
fest geb.