Neuanfänge meistern - Zwischen Angst und freudiger Erwartung
Für Kinder sind der erste Tag in der Kita und die Einschulung wichtige Ereignisse und da wundert es nicht, dass auch die aktuelle Kinderliteratur an ihrer Seite ist und mit Geschichten oder Sachinformationen versucht, diese Neuanfänge zu erleichtern. Antje Ehmann hat sieben Titel gefunden, die sich mit den Gefühlen und den Erlebnissen von Kindern hierzulande, aber auch in aller Welt beschäftigen.
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Antje Ehmann

Katja Reider ist bekannt für ihre eingängigen Reime. In der Reihe mit dem Ferkel kann sie dieses Register wieder ziehen und die Kinder nun schon mit dem dritten Band begeistern. Diesmal geht es um den Neuanfang der liebenswerten Hauptfigur in der Kita, mit der sich Kinder mühelos identifizieren werden. Kuscheltier Hopp Hase muss natürlich unbedingt mit! „Ich erinnere mich gut daran, dass ich bei der Eingewöhnung meiner Kinder in der Kita mindestens genauso nervös war wie mein Sohn und später meine Tochter. Es ist nun mal auch für die Eltern ein großer Schritt. Dieses Gefühl vergesse ich jedenfalls nie,“ erzählt die Autorin. Viel Spaß in der Kita, Ferkel! überzeugt auch durch die farbintensiven und vitalen Illustrationen von Henrike Wilson. Wunderbar, wie alle Tierkinder um den Frühstückstisch sitzen und miteinander warm werden und wie stilsicher sie mit markantem Strich die Szenen darstellt.

Sehr viel verspielter und kleinteiliger kommen die Szenen von Claudia Weikert daher, einer digitalen Mischtechnik aus Blei- und Buntstift sowie Gouachefarben. Manches entdeckt man erst auf den zweiten Blick, aber die komplexeren Geschichten sprechen eben auch eher ältere Kinder an, die sich schon gut an den Kita-Alltag gewöhnt habe und froh sind, wenn mal etwas außer der Reihe passiert. Gut dafür eignen sich bekanntlich Ausflüge, und die stellt die mit ihren Jugendbüchern preisgekrönte Stefanie Höfler hier nun in den Mittelpunkt. Waldtage und Die Eroberung der Villa Herbstgold sind eines besser als das andere. „Die unvoreingenommene Neugier und die Freude der Kinder haben mich begeistert. Ich musste mich schon erstmal wieder in so eine Kitaumgebung reindenken. Liebevoll-chaotisch ging es in der Einrichtung meiner Tochter zu. Das hatte ich noch vor Augen und es sollte rein architektonisch eine moderne Kita am Rande der Stadt sein,“ so die Wiesbadener Illustratorin. Was die Kinder dann im Wald und in dem Altersheim erleben ist absolut Lesens- und Anschauenswert!

Klara Klein kann es kaum noch erwarten, endlich „Tschüss, Kinder-garten“ zu sagen. Patrick Maria Bienstein hat schon den zweiten Vorleseband mit dem Mädchen als Hauptfigur geschrieben und Maja Bohn hat die Kapitel mit ihrem eigenen, charmanten Stil und zahlreichen farbigen Illustrationen bereichert. In Klara Klein - Am liebsten wär ich Schulkind dreht sich alles um das Leben der Familie im Walnussweg. Neu mit von der Partie - ihr kleiner Bruder Leo, der sie nun zur großen Schwester gemacht hat. „Nach einem besonderen Spaziergang mit meiner Mutter zu meinem kleinen Berg in der Nähe unseres Zuhauses, der mir damals als Kind unüberwindlich schien, habe ich auf einmal vieles wieder mit kindlichen Augen gesehen. Das unendliche Warten auf den Geburtstag, nichts dürfen aber schon alles können und unbedingt in die Schule wollen,“ so erinnert sich der Autor. Eltern können ihren Kindern die Zeit bis zur Einschulung mit dem Vorlesen der zehn Kapiteln verkürzen und sich Klaras Motto zu Herzen nehmen „Das traut sich keiner! Doch ich.“

Nina hat auch viel Kraft und Zuversicht, aber es gibt genauso Situationen, in denen sie unsicher ist. Diese ganz unterschiedlichen Gefühlslagen fängt die schwedische Autorin mit Bravour ein. Übersetzerin Friederike Buchinger dazu: „Nina ist kein idealisiertes Wunderkind, sondern eine ausgesprochen liebenswerte Identifikationsfigur mit Macken, aber auch viel Witz und Fantasie.“ Nina Endlich Schulkind! So lautet der Titel des zweiten Bandes. Anne-Kathrin Behl hat schon auf dem Cover Neugier und Ungeduld des Mädchens gut eingefangen, so wie sie Nina auf der Mauer sitzend mit ausgestrecktem Bein darstellt. „Ich erinnere mich vor allem an meine erste Schultasche - „LadyLockenlicht“ ganz in Pastellfarben! Mein Einschulungsjahrgang war ja der erste nach der Wende. Wir sind damals nach Lübeck gefahren, um einzukaufen. Ich war so stolz, die Tasche dann am ersten Schultag zu tragen,“ erinnert sich die Illustratorin begeistert. Und es ist das leichte und positive, das sich beim Vorlesen auf alle überträgt und das Lust auf die Schule macht.

Für Anna Fiske sind etliche Sachthemen für Kinder interessant. Nach Alle haben einen Po und Wie macht man eigentlich ein Baby? gibt es auch ein Kindersachbuch, dass sich dem Thema Alle gehen in die Schule widmet. Insgesamt neun Kinder laufen im Gleichschritt mit eher großen Ranzen in dieselbe Richtung. Und so sehen viele Erstklässler ja auch aus, wenn man genau hinschaut. Die norwegische Künstlerin, die zahlreiche Interviews mit Kindern, Erziehern und Lehrern geführt hat, stellt quasi alle Fragen, die man als Schulkind haben kann und vergisst bei den Antworten in Text und Bild den Humor nicht. „Gegen all die Sorgen und Ängste, die bei großen Veränderungen entstehen können, ist der Humor eine Möglichkeit, um alles, von dem ich erzähle, sicherer und näher scheinen zu lassen.“ Es gibt Rateseiten, Anreize zum Mitdenken und viele Kinder in der Turnhalle, der Schulbibliothek oder auf dem Pausenhof. „Ich fand es toll, dass Anna Fiske den Fokus nicht allein auf schulische Themen legt, sondern das Drumherum, vor allem das Soziale hervorhebt, das ja einen großen Bestandteil des Schulalltags ausmacht,“ so Übersetzerin Ina Kronenberger.

Mit einem Erstlesebuch für Kinder begeistern Ralph Caspers und Ulf K. Denn Milla und die sehr gefräßige Schule ist wirklich erste Klasse! Die neue Reihe Kleine Lesehelden präsentiert Kinderbuchklassiker - wie etwa Die kleine Hexe von Otfried Preußer in einer Bearbeitung - aber auch neue Geschichten, wie die von Milla und ihren besonderen Schulabenteuern. Was passiert da Mysteriöses in der Schule? Schnuppertag für die Igelgruppe aus der Kita. Und die Kinder aus der 4a zeigen den Neuen das älteste Schulgebäude der Stadt. Dort wird Milla nach den Sommerferien zur Schule gehen. Caspars schafft es, dem Schulpersonal, den Kindern und der Fantasie viel Raum zu geben, bindet Sprachspiele und Redewendungen geschickt mit ein. „Ich hatte direkt Bilder im Kopf, als ich die Geschichte zum ersten Mal gelesen habe. Die Rutschpartie von Ben durch das Röhrensystem und die Szene, in der Milla Ben erzählt, dass sie glaubt, dass die Schule die Kinder verschluckt und Ben versucht, sich die Schule als Monster vorzustellen, diese beiden Szenen haben mir am meisten Spaß gemacht,“ so Ulf K.

Mit einem internationalen Blick punktet Schulkinder in aller Welt - So sieht mein Tag aus! von Carlos da Cruz und Anniina Mikama. Wie sieht eigentlich der Schulalltag von Kindern in anderen Ländern aus? Gibt es überall eine Schultüte und fängt für andere die Schule vielleicht nicht ganz so früh an? Was ist in der Frühstücks-Brotbox und welche Fächer stehen auf dem Stundenplan? Antworten auf all diese Fragen finden Vorschulkinder in dem bunt illustrierten Sachbilderbuch. Links stehen auf zehn Seiten die Kinder im Zentrum: Eiko aus Tokio isst Seetangsalat zum Frühstück, Ana-Maria aus Brasilien besucht nach der Schule einen Samba-Kurs und Megan aus San Francisco hat ihr Skript für das Theaterstück im Schulranzen. Allesamt fiktionale Charaktere, aber auf der Grundlage von intensiver Recherche, Interviews, Zeitungsartikel etc. entworfen. Auf der rechten Seite zu sehen - in je neun Kästchen - was machen die anderen Kinder zur selben Zeit? Carlos de Cruz dazu: „Eine Herausforderung war, beim Thema Zeitzonen exakt zu bleiben. Und die größte Überraschung für mich, welch lange und gefährliche Schulwege manche Kinder Tag für Tag zurücklegen. Diese Kinder sind aus meiner Sicht Helden. Eigentlich sollte eine sichere Schule in der Nähe des eigenen Zuhauses für alle Kinder Realität werden!“