Die Heldin reist
Die Schriftstellerin und Regisseurin Doris Dörrie lässt in der Autofiktion ihre Erzählerin einen feministischen Blick auf die klassische Heldenreise werfen. Sie stellt eine Protagonistin vor, die sich dem Mantra entzieht, eine Frau müsse immer auf der Hut sein und dürfe nicht voller Tatendrang in die Welt hinausziehen. Die hehre Absicht der burschikos auftretenden Frau wird immer wieder von ihren inneren Ängsten konterkariert. Teilweise spiegelt sie diese in der mitreisenden Freundin Eva, die im Gegensatz zu ihr ihre Weiblichkeit in der marokkanischen Öffentlichkeit nicht verstecken will. Oder sie lernt die umgekehrte Erfahrung von Fremdheit kennen, als ihre japanische Freundin Tatsu, die in Hannover studiert hat, ihr von der schmerzhaften Affäre mit einem deutschen Gesangslehrer erzählt. - Dörrie hat nach zwei Jahren pandemiebedingten Daheimbleibens drei im Jahr 2019 unternommene Reisen, in die USA, nach Japan und Marokko, zum Anlass genommen, über das Reisen an sich und als Frau im Besonderen zu reflektieren. Sie tut dies nicht linear wie im Heldenmythos, sondern lässt auf wechselnden Zeitebenen frühere Reisen mit einfließen. Sie schildert ihre Eindrücke nachdenklich zweifelnd, oft anekdotisch und sehr unterhaltsam.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Heldin reist
Doris Dörrie
Diogenes (2022)
239 Seiten
fest geb.