Das Buch der Schwestern
Die vielgelobte Autorin legt in ihrem jüngsten Band die Entstehung, Entwicklung und den Fortbestand eines besonderen Schwesternbandes in den 1980-er Jahren in einer französischen Kleinstadt im Norden zugrunde. Die älteste Tochter Tristane leidet
von Anfang an unter der Gleichgültigkeit ihrer Eltern, die nur auf sich als Liebespaar fixiert sind. „Es war nicht so, dass Mama und Papa sie nicht liebten oder böse zu ihr waren oder sie schlugen oder sie ihnen egal war. Es war schlimmer. Was kann man gegen Lauheit tun?“ Sie ist angepasst, eine vorbildliche Schülerin und kümmert sich hingebungsvoll um ihre kleine Schwester Laetitia, damit wenigstens diese innig geliebt wird. So entsteht das feste Schwesternband, eine große Liebe fürs Leben. Die Erstgeborene leidet unter dem „emotionalen Vakuum“, fühlt sich als graue Maus nicht hinreichend geliebt und gesehen und hat dadurch wenig Selbstvertrauen. Aber die unterschiedlichen Schwestern stärken sich gegenseitig und finden trotz der fehlenden Liebe der Eltern ihren Weg ins Leben. Als Gegenentwurf der scheinbar intakten Familie der Schwestern wird das Leben der alleinerziehenden Tante mit vier unehelichen Kindern erzählt, deren Tochter an Magersucht stirbt und deren Söhne sich den Rechten anschließen. Ja, wo die wirkliche Liebe und Unterstützung fehlt, wird es schwer im Leben - scheinbar in beiden Familien. Ein Buch über die Liebe und das Glück einer gelungenen Geschwisterbeziehung. Leider im Tenor zu einfach schwarz-weiß ohne die Grautöne des Lebens, dennoch gute Unterhaltung.
Karin Steinfeld Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.

Das Buch der Schwestern
Amélie Nothomb ; aus dem Französischen von Brigitte Große
Diogenes (2024)
158 Seiten
fest geb.