Wir Genussarbeiter
Das Thema Arbeit bzw. "Genussarbeit" spielt in der sprachlich ansprechenden, inhaltlich unterschiedlich anspruchsvollen Abhandlung der jungen Journalistin eine wichtige Rolle, das Buch ist aber nicht auf dieses Problem beschränkt. Der Untertitel beschreibt
das Thema des Buches deutlich zutreffender, beschäftigt sich die Autorin doch mit allen möglichen Facetten und Ebenen des Zwanges, denen der moderne Mensch in unserer sog. Leistungsgesellschaft unterworfen ist. So ist z.B. vom Umgang des modernen Menschen mit dem Schmerz die Rede, in einem anderen Kapitel wird thematisiert, inwieweit Denken als Genuss bezeichnet werden kann oder es wird an anderer Stelle herausgearbeitet, was den modernen Menschen dazu bringt, sich in narzisstischer Verblendung dem "Heilsversprechen des perfekten Körpers" (S. 146) zu unterwerfen. Im Kapitel "Erlösung zum Sonderpreis" handelt die Autorin von den Auswüchsen der "Schnäppchenjagd" oder um "Sex im Burnout-Zeitalter". Der Genuss an der Arbeit wiederum ist eher als "zwanghafter Schaffensdrang" (S. 189) bzw. als "Fluchtbewegung" vor dem "Nichts" (S. 189) zu deuten: "Die Hyperaktivität des Genussarbeiters (...) ist immer auch ein Ausdruck von Todesangst" (S. 17). Ein wenig Frankfurter Schule (Adorno, Marcuse ...), häufige Rückbezüge auf die Bibel, aber auch auf kulturkritische Philosophen (Nietzsche, Foucault ...), Soziologen (Max Weber, Sennet ...) und Psychologen (hier vor allem Sigmund Freud) sind die theoretischen Fundamente der Arbeit. Seltsamerweise verliert die Autorin kein Wort darüber, dass sie bei der "Genussarbeit" eher ein Elitenphänomen beschreibt. - Für größere Bestände.
Helmer Passon
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Wir Genussarbeiter
Svenja Flaßpöhler
Dt. Verl.-Anst. (2011)
203 S. : Ill.
fest geb.