Für immer
Es ist ein interessantes Gedankenspiel, das Maja Lunde in ihrem neuen Roman verfolgt. Was würde passieren, wenn die menschliche Entwicklung plötzlich zum Stillstand käme? Ganz profane Dinge wie das Wachstum von Haaren und Fingernägeln käme zum
Erliegen, aber auch die Vermehrung bösartiger Tumorzellen, das Heranreifen der Babys im Mutterleib oder die normalerweise fast täglich sichtbaren Entwicklungsfortschritte eines Kleinkindes. Die Menschen würden nicht sterben, es würden keine Kinder mehr geboren, wir alle würden für immer so alt bleiben, wie wir gerade sind. In relativ kurzen Kapiteln wechselt die Autorin zwischen verschiedenen Personen, die alle genau dieses dystopisch anmutende Szenario erleben und sehr unterschiedlich damit umgehen. Da ist beispielsweise Jakob, der werdende Vater, der nicht akzeptieren möchte, dass sein Sohn nie auf die Welt kommen wird. Oder Jenny, die als Mutter zweier Kinder an einem lebensbedrohlichen Tumor erkrankt ist und plötzlich unerwartet Lebenszeit geschenkt bekommt. Oder Philip, der sich angesichts der Situation in krude Verschwörungstheorien verstrickt und hinter allem eine perfide Masche des Staats vermutet. – Trotz des spannenden, vielversprechenden Themas bleibt der Roman doch eher an der Oberfläche und enttäuscht mit einem relativ phantasielosen, zu einfachen Ende. Er ist jedoch leicht lesbar und bietet Anlass zum Nachdenken über den Umgang mit unserer eigenen Endlichkeit.
Elisabeth Brendel
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Für immer
Maja Lunde ; aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein
btb (2025)
312 Seiten
fest geb.