Das wissen wir schon
Nichts läuft gerade rund im Leben der jungen Frau, die diese Geschichte erzählt. Die ausgebildete Filmemacherin weiß nicht so genau, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Sie reist in der Welt herum, jobbt in einem Supermarkt und hat aus Geldmangel
ihre Wohnung in München für ein paar Monate untervermietet. "Ich würde gerne irgendwo ankommen", sagt sie. "Aber ich weiß nicht, wie das geht." Bei ihrer Mutter in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist, will sie Kraft sammeln und nach Perspektiven suchen. Doch die Mutter, die schon in jungen Jahren Aktivistin und Weltreisende war, hat Flüchtlinge als neue Mitbewohner aufgenommen, sodass für die Tochter kein Platz mehr im Haus ist. Das Gartenhaus wird von Mustafa besetzt, der sich einer terroristischen Organisation in Syrien anschließen will und deshalb abgeschoben werden soll, was die Mutter der Ich-Erzählerin vorläufig verhindert hat. Mustafa gehört seit seiner Kindheit fast zur Familie und ein Plan muss her, um den jungen Mann von seiner Obsession abzubringen. Gut, dass die Mutter Freunde aus alten Zeiten hat, die in Politik, Wirtschaft und Medien einflussreiche Positionen haben. Dass diese Positionen heutzutage sehr schnell wieder verloren gehen können, zeigen kräftige Seitenhiebe auf die "Mediokratie". - Ein Roman über eine unbestimmte Sehnsucht, die junge Menschen antreibt, und über die Schwierigkeiten, anzukommen, der witzig, geradezu leichtfüßig daherkommt und gelegentlich ins Absurde abgleitet. Eine bereichernde, aktuelle Lektüre.
Gabriele Berberich
rezensiert für den Borromäusverein.

Das wissen wir schon
Noemi Schneider
Hanser Berlin (2017)
189 S.
fest geb.
Auszeichnung: Roman des Monats