Vier Tage, drei Nächte

Wer sind wir? Was ist unsere Identität? Kaum etwas scheint in der heutigen Zeit ein wichtigeres Thema zu sein als das individuelle "Ich". Norbert Gstrein wagt sich mit seinem neuen Roman also an ein heißes Eisen. Im Zentrum seines Romans stehen Elias Vier Tage, drei Nächte (der auch die Haupterzählperspektive liefert) und Ines. Die beiden Halbgeschwister lieben einander innig, eine verbotene, nahezu inzestuöse Liebe. Weil man einander nicht haben kann, werden die Liebhaber auch schon geteilt oder gar in den Wahnsinn getrieben. Doch dann ist da noch Carl. Wie Elias ein Flugbegleiter, in Elias verliebt, so wird aus der Zweierbeziehung eine Dreiecksgeschichte ... - Wer einen Roman mit Handlung oder gar einem befriedigenden Ende will, der wird mit Gstreins Roman keine Freude haben. Es wird viel gesprochen (wo Carl berichtet, auch gerne auf Englisch), wenig gehandelt und statt eines Endes beglückt der Autor die Lesenden mit einem Essay zum Thema "Drei Arten, ein Rassist zu sein". Wer sich auf den Roman einlässt, kann allerdings so manches über Identitäten, Sexualität, Beziehungen lernen, und so manchen schönen Satz goutieren. Als Roman oder Romanhandlung ist "Vier Tage, drei Nächte" wohl als gescheitertes Experiment zu bewerten. Als Sprachdenkmal ist er aber genial gescheitert.

Friedrich Röhrer-Ertl

Friedrich Röhrer-Ertl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Vier Tage, drei Nächte

Vier Tage, drei Nächte

Norbert Gstrein
Hanser (2022)

348 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 611675
ISBN 978-3-446-27398-6
9783446273986
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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