Ja, nein, vielleicht

Die Ich-Erzählerin in Doris Knechts jüngstem Roman ist eine alte Bekannte: eine spätberufene Schriftstellerin mit vier jüngeren Schwestern, nach der Trennung Single, mit Stadtwohnung und Haus auf dem Land an einem Fluss gut versorgt, die eigenen Ja, nein, vielleicht Kinder längst flügge. Diesmal stürzen gleich mehrere Dinge auf sie ein. Ein Backenzahn fällt aus, ihre Schwester Paula belegt auf unbestimmte Zeit die Stadtwohnung, ihre beste Freundin Therese heiratet, eine Überschwemmung auf dem Land droht, und dann trifft sie auch noch im Supermarkt eine Jugendliebe wieder. Friedrich ist charmant, zielsicher, Nähe suchend. Wir folgen der Erzählerin bei ihren Bedenken: Ja, nein, vielleicht, der wäre etwas für sie, als Beschützer, als Anwalt, als Handwerker, denn alles kann sie einfach nicht mehr machen; oder ist sie schrullig geworden, eine Diva, und bleibt besser allein. Wessen Sprache muss man sprechen, um gehört zu werden? Wie solitär ist Denken überhaupt? Gutes Leben zu zweit oder besser innere Zufriedenheit alleine? Und was ist mit der Idee der romantischen Liebe: geht das noch in den Fünfzigern – oder schwächt die Verliebtheit? – Humorvoll und mit Feinsinn schickt Doris Knecht ihre Figur auf vielspurige Lebensbahnen, die zu wechseln Mühe, aber auch Vergnügen machen kann, solange die Offenheit für Neues nicht verloren geht. Ein kleines episches Denkspiel über die Sehnsucht und die Liebe, die nicht zu kaufen, sondern mit ihren Fallstricken und Höhenflügen zu erfahren sind. Sehr zu empfehlen.

Ja, nein, vielleicht

Ja, nein, vielleicht

Doris Knecht
Hanser Berlin (2025)

237 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 622563
ISBN 978-3-446-28288-9
9783446282889
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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