Das zweite Leben des Adolf Eichmann

Eichmann gelang, wie vielen ehemaligen Nationalsozialisten, nach dem Krieg die Flucht nach Argentinien, wo er mit Wissen des Diktators Perón Unterschlupf fand. Ariel Magnus beschreibt das einfache Leben Eichmanns, der sich in seinem Exil Ricardo Klement Das zweite Leben des Adolf Eichmann nennt und auch in dem südamerikanischen Land Kontakt zu ehemaligen Mittätern hält. Eichmann holt seine Frau und seine Söhne aus Deutschland nach und arbeitet in der Provinz Tucumán für die staatliche Gesellschaft für Industrieprojekte. Später betreibt er eine Kaninchen- und Hühnerzucht. Seinen Traum, unbehelligt in die Heimat zurückzukehren, gibt er nie auf. 1960 wird er vom israelischen Geheimdienst entführt und vor Gericht gestellt. Magnus erzählt die Geschichte des NS-Verbrechers konsequent aus dessen Perspektive, was die Gefahr birgt, dass Eichmanns verquere Weltanschauung ohne Kontrast bleibt. Dem Autor gelingt es allerdings, die grausame Realität hinter dem Selbstbetrug des Schreibtischtäters immer wieder aufscheinen zu lassen. Magnus zeichnet das atmosphärisch dichte Porträt eines Mannes, der sich stolz als einwandfrei funktionierendes Rädchen in einer großen Maschinerie sieht und dem so gut wie jedes Schuldbewusstsein fehlt.

Walter Brunhuber

Walter Brunhuber

rezensiert für den Borromäusverein.

Das zweite Leben des Adolf Eichmann

Das zweite Leben des Adolf Eichmann

Ariel Magnus ; aus dem Spanischen von Silke Kleemann
Kiepenheuer & Witsch (2021)

235 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 606136
ISBN 978-3-462-00091-7
9783462000917
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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