Zwei lange Unterhosen der Marke Hering

Mit jeder Seite, die man verschlingt, eröffnet sich der Blick auf ein ungewöhnliches Leben, das zwar vom Trauma des Holocaust gezeichnet, aber seelisch nicht für immer betäubt wurde. Der argentinische Autor Ariel Magnus erzählt von seiner Großmutter, die NS-Terror und Auschwitz überlebte, und ihrer Vergangenheit, an die sie eigentlich nicht erinnert werden möchte, die sie aber nicht loslässt und der sie sich auch stellt. Aus vielen Gesprächen - teils in Brasilien, wo die Oma seit 1946 lebt, teils in Deutschland, dem sie innerlich verbunden blieb - bzw. aus wenigen Tagebuchaufzeichnungen entwickelt der Autor liebevoll, warmherzig und humorvoll das vielschichtige Porträt einer Frau, die nichts von dem, was ihr und ihrer Familie angetan wurde, beschönigt, die sich aber von Pauschalierungen, Hass und Verunglimpfungen distanziert und ohne Bitterkeit auf ihr Leben zurückblickt. Da sich Magnus selbst in den Erzählfluss hinein nimmt, seine eigenen Fragen und Überlegungen, manchmal auch sein Unverständnis und Unbehagen artikuliert, gelingt es ihm, den dunklen Erinnerungen seiner Großmutter und den immer neuen Versuchen ihrer Bewältigung unpathetisch und ehrlich nachzugehen und dem Leser ein zwar nachdenklich stimmendes, letztlich jedoch von Zuversicht und Lebenskraft geprägtes Lebensbild zu vermitteln. - Ohne Einschränkungen zu empfehlen!