Evangelio

Über einen Mangel an Lutherbüchern kann man nicht klagen in der Folge der Gedenkjahre. Nun hat auch Feridun Zaimoglu, der schon als Zehnjähriger zur Bibellektüre gekommen ist, seinen Beitrag dazu geliefert. "Evangelio" ist ein sprachmächtiger Evangelio Lutherroman. Tief hat sich der Autor in die Lebensumstände des Reformators auf der Wartburg vergraben, wo 1521/22 die Bibel-Übersetzung entstand. Zaimoglu porträtiert Luther als glaubensstarken, aber romkritischen Selbsthelfer, der den Anfechtungen seiner Frömmigkeit mit der "Verdolmetschung" des Neuen Testaments entgegentritt. Und damit hat Luther ja tatsächlich die deutsche Sprache stark beeinflusst. Zaimoglus brausende und klingende Sprache versucht, diesen Einfluss nachzuahmen. Das wirkt manchmal etwas übertrieben, passt aber gut zu der Form des Romans, den Zaimoglu sozusagen aus der Untersicht eines katholischen Landsknecht erzählen lässt, Luthers Leibwächter, der Luther einen "Ketzer" nennt und mit "Meister" anspricht. Dadurch kommt der Roman in Fahrt und gewinnt eine besondere Note im Konzert der Lutherliteratur. Ein knarziger Roman, allen Beständen empfohlen.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Evangelio

Evangelio

Feridun Zaimoglu
Kiepenheuer & Witsch (2017)

344 S.
fest geb.

MedienNr.: 589206
ISBN 978-3-462-05010-3
9783462050103
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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