Wellengang
Der Originaltitel „Insel der Sehnsucht“ trifft die Geschichte der irischen Autorin besser als der deutsche Titel, denn die kleine fiktive Insel am südlichen Zipfel Irlands bietet den Schauplatz für die Protagonistin Rosie Driscoll, die erste Kapitänin Irlands. Aufgewachsen als Tochter des Fährkapitäns in der kleinen Inselgemeinschaft, liebt sie das Meer und ihren Beruf. Doch der Liebe wegen zieht sie nach Dublin und gründet dort eine Familie. Die eigentliche Tragödie beginnt, als ihre 17-jährige Tochter Saoirse spurlos verschwindet und die Familie acht Jahre lang in der furchtbaren Ungewissheit lebt, was ihr zugestoßen sein könnte. Dabei lassen Rosie und ihr Mann Hugh nichts unversucht, um sie zu finden. Aber alle Bemühungen bleiben ergebnislos, bis Rosie zusammenbricht und als 49-Jährige auf ihre Heimatinsel zurückkehrt, um mit sich, ihrer Ehe und der furchtbaren Tragödie fertigzuwerden. Allein die erneute Arbeit als Fährkapitänin lässt sie ihrer Tochter nahe sein auf dem Meer. Doch auch in der Inselgemeinde gibt es Streit und Missgunst, den es zu klären gilt, geht es doch um die einzige Fähre der Insel, die Lebensader zum Festland. Einfühlsam bis dramatisch werden Rosies Trauma und der Versuch, damit umzugehen, beschrieben, bis nach vielen Jahre die Leiche ihrer Tochter gefunden wird und sie Abschied nehmen kann. Keine leichte Lektüre.
Karin Steinfeld-Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.
Wellengang
Anne Griffin ; aus dem Englischen von Martin Ruben Becker
Kindler (2024)
396 Seiten
fest geb.