Reise nach Maine

Kann das gut gehen? Da reist ein nicht mehr ganz so junger Schriftsteller aus Bamberg mit seiner rumänischstämmigen Mutter nach New York. Der Sohn ist schreibblockiert, die Mutter übermotiviert. Schon im Frankfurter Flughafenhotelzimmer ist dem Reise nach Maine Sohn die mütterliche Nähe ziemlich unangenehm. Der 1979 geborene, aus Polen stammende Autor Matthias Nawrat spielt diese reduzierte Familienaufstellung in einem unterhaltsamen Reiseroman durch. Alles ist ins Zwielicht von Intimität und Abgrenzung, Früher und Heute, Schwerkraft und Schwebe getaucht. Das führt zu schmerzvollen Ereignissen: am ersten Tag in der Sommerhitze von Brooklyn bricht sich die Mutter bei einem Sturz die Nase. Und zu komödiantischen Szenen: die Krankenhäuser sind gigantische Wartesäle, in denen sich Aufnahme- und Anmeldungsformulare durchkreuzen, in Maine bekommt das ungleiche Paar statt Trinkwasser und Motel nur Lust auf etwas, das es gar nicht will. Zwischendurch blitzen Bilder eines derangierten amerikanischen Traums auf, Lebensgeschichten werden ohne echte Zuhörer erzählt, irreführende Navigationsgeräte verrichten ihr komisches Werk. Ersichtlich erzählt Nawrat mit Freude an grotesken Gesprächen, stockenden Fließgeschwindigkeiten und gottverlassenen Szenen, aber er lässt seinen Ich-Erzähler-Sohn ironischerweise niemals mutterseelenallein. Allen Beständen empfohlen.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Reise nach Maine

Reise nach Maine

Matthias Nawrat
Rowohlt (2021)

217 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 606757
ISBN 978-3-498-00231-2
9783498002312
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.