Der Platz
Zugegebenermaßen ist es kein wirklich neues Buch, das man mit "Der Platz" in Händen hält. Die französische Erstauflage ist 1984 in Paris erschienen. Doch es hat immerhin stolze 35 Jahre gebraucht, bis Annie Ernauxs autobiografisches Buch nun auch
in deutscher Übersetzung vorliegt. Doch die Wartezeit hat sich durchaus gelohnt, denn das schmale Bändchen von Ernaux - es umfasst keine einhundert Seiten - führt mitten hinein in die Lebenswelt der französischen Schriftstellerin. Den Tod ihres Vaters hat sie zum Anlass genommen, um aus seiner Biografie ein Buch zu machen. In "Der Platz" erzählt sie auf eine sehr objektive Art und Weise seine Lebensgeschichte: Aus ärmlichem Verhältnissen stammend verdingte er sich als Knecht, erlebte zwei Weltkriege mit und war Zeit seines Lebens von Armut bedroht. Ernaux selbst hat sich schon früh aus der Lebenswelt ihres Vaters verabschiedet und sich zur Gymnasiallehrerin ausbilden lassen. Daher ist die Geschichte ihres Vaters auch ein Stück ihrer eigenen Lebensgeschichte, die sie sehr genau und sehr behutsam im vorliegenden Buch betrachtet. - Für alle Bestände, besonders mit Schwerpunkt Literatur, ist der vorliegende Band zu empfehlen.
Fabian Brand
rezensiert für den Borromäusverein.

Der Platz
Annie Ernaux ; aus dem Französischen von Sonja Finck
Suhrkamp (2019)
94 Seiten
fest geb.