Monde vor der Landung
Romane und Erzählungen von Clemens J. Setz (Büchner-Preis 2021) sind nicht unbedingt leichte Kost: Reibung und Auseinandersetzung mit nicht alltäglichen Themen als auch sprachliche Besonderheiten (wechselnde Erzählstile, ausgefallene Worte) können polarisieren. Hier wird Leben und Denken des Wormser Peter Benders (1893-1944) in einem Roman besonders in Szene gesetzt: fiktional, z.B. in der Darstellung des Familien- und Liebeslebens, realistisch durch Abdrucke aus Benders "Karl Tormann - Ein rheinischer Mensch unserer Zeit" (1927), von Auszügen aus seiner privaten Korrespondenz und Gutachten zu seinem Gesundheitszustand. Als glühender Vertreter der Hohlwelttheorie und in Kontakt mit Gleichgesinnten seiner Zeit, besonders der Koreshan Unity in Florida, sieht er sich einerseits als erfolgreichen Missionar seiner Theorien, scheitert andererseits aber im Alltag. Seine jüdische Frau Charlotte, mit der er seiner von ihm gegründeten Menschheitsgemeinde vorsteht und die er in Abhängigkeit von sich wähnt, ist in Wirklichkeit als sein stärkerer Antipol für das existenzielle Überleben der Familie verantwortlich. Peter, nach außen eher passiv unpolitisch, steht in erster Linie für seine Belange ein und kann letztendlich weder sich noch Charlotte vor dem Zugriff der Nazis schützen. - Eine Herausforderung an Leser*innen.
Margit Düing Bommes
rezensiert für den Borromäusverein.
Monde vor der Landung
Clemens J. Setz
Suhrkamp (2023)
519 Seiten
fest geb.