Jahre der Hoffnung
Im zweiten Band der Reihe "Kinderklinik Weißensee" (Bd. 1: BP/mp 21/403) studiert Marlene Lindow Pädiatrie, als ihr Verlobter Maximilian von Weilert zu Beginn des Ersten Weltkriegs als Lazarettarzt eingezogen wird. Ihre Schwester Emma zieht ihren Sohn Theodor alleine auf und arbeitet weiterhin als Schwester in Weißensee. Marlene erhält dort einen Praktikumsplatz, muss sich aber mit Unverständnis mancher Patienteneltern und der Ablehnung durch einen neuen Klinikleiter herumschlagen. Er, dem Effizienz über alles geht, drückt ihr eine Sonderprüfung auf. Obwohl Max die Verlobung bedingt durch seine Kriegserlebnisse gelöst hat, hilft er ihr, die Ablehnung des medizinischen Direktors zu konterkarieren. Emma hatte sich schon entschieden, dem Kindsvater in seine ostpreußische Heimat zu folgen, bleibt aber in letzter Minute und bekennt sich zu einem sozialdemokratischen Redakteur. - Neben den Wirrnissen im persönlichen Leben der beiden Hauptfiguren schildert die Autorin die Belastungen der Zivilbevölkerung im vierten Kriegsjahr wie Nahrungsmittelknappheit und vor allem den Ausbruch der Spanischen Grippe. Breiten Raum nehmen auch psychische Traumata infolge von Kriegserlebnissen ein; ebenso die auseinanderstrebenden Kräfte, die mit Abdankung des Kaisers zu Beginn der Weimarer Republik virulent werden und Berlin erschüttern. Ein Stück Medizingeschichte, das erst durch Corona wieder ins allgemeine Bewusstsein rückte, eingepackt in eine traditionelle Liebesgeschichte.
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Jahre der Hoffnung
Antonia Blum
Ullstein (2021)
Kinderklinik Weißensee
499 Seiten
kt.