Tante Helene und das Buch der Kreise
In dem Moment, als Alexander aus New York einen Brief an seine Tante Helene in Frankfurt schreibt, erfährt er, dass sie verstorben ist. Er schreibt weiter: Erinnerst du dich an unser erstes Treffen? Du hast mir damals so viel erzählt. Bei dir hat
sich mein Notizbuch gefüllt. Es ist die Geschichte von Helene Klasing, die kurz vor ihrer Heirat mit einem angehenden Lehrer erfährt, dass ihre leibliche Mutter sie nach der Geburt in einem Kloster zurückgelassen hatte. Es sind die 60er Jahre. So revolutionär diese auch gewesen sein mögen - die Ansichten, wie eine Frau zu sein hat, ziehen sich durch ihr Leben und stehen in Gegensatz zum theoretisierenden Kampf der Studenten. Helene aber hat ihren eigenen Kopf. Sie will Malerin und Modeschöpferin werden und lernt ihre leibliche Mutter und ihre Halbschwester kennen. Das Buch erzählt auch Alexanders Geschichte, zu dem sie ein ganz besonderes Verhältnis entwickelt. Vor allem aber zeigt es einen interessanten zeitgeschichtlichen Blick auf die Widersprüche der 60er Jahre und auf eine beeindruckende Frau. Am Ende des Buches wünscht die Rezensentin sich vor allem eines: Diese Helene hätte sie gerne näher kennengelernt. Empfehlenswert.
Christiane Raeder
rezensiert für den Borromäusverein.

Tante Helene und das Buch der Kreise
Martin Beyer
Ullstein (2022)
414 Seiten
fest geb.