Der Kolibri

Der Augenarzt Marco Carrera erfährt plötzlich vom Psychoanalytiker seiner Frau, dass diese ihn verlassen will wegen eines anderen Mannes, von dem sie schwanger ist. Nach dieser schockierenden Nachricht lernt der Leser den Protagonisten kennen und Der Kolibri erfährt von seiner Jugend, von Schicksalsschlägen, wie dem Unfalltod von Marcos Schwester, von seiner Liebe zur Tochter Adele, um die er sich intensiv gekümmert hatte, und von ihrem frühen Tod. Das Baby, das sie ihm hinterlässt, gibt Marco wieder ein Ziel im Leben. Die Geschichte wird nicht linear dargestellt, sondern in Abschnitten, die zwischen auktorialer Erzählung, Briefen, E-Mails und Telefonaten wechseln. Eingefügt ist die Briefkorrespondenz zwischen Marco und seiner großen lebenslangen, aber unmöglichen Liebe Luisa. Der Autor analysiert detailliert die Persönlichkeit Marcos, die Frage, warum die Eheleute nicht zueinander passen und warum die Liebe zwischen ihm und Luisa nicht klappen kann: Das hat mit dem Titel des Romans zu tun: "Kolibri", Marcos Spitzname, bedeutet laut Luisa, dass er "wie ein Kolibri (s)eine ganze Energie dafür verwendet, auf der Stelle zu bleiben". Sehr spät ist Luisa klar geworden, dass sie nicht dazu fähig war, immer am selben Ort zu bleiben - die Bedingung, mit ihm zusammen zu sein. - Veronesis Roman wurde mit dem „Premio Strega“, dem wichtigsten italienischen Literaturpreis, ausgezeichnet, wie schon sein Roman “Stilles Chaos”(BP 08/128), in dem es um einen traumatisierten und übervorsorglichen Vater geht. Viele Zeitsprünge erschweren die Lektüre, auch die Endlos-Sätze sind anstrengend, aber dennoch handelt es sich um eine sprachlich eindrucksvolle Seelenschau.

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Kolibri

Der Kolibri

Sandro Veronesi ; aus dem Italienischen von Michael von Killisch-Horn
Paul Zsolnay Verlag (2021)

345 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 605193
ISBN 978-3-552-07252-7
9783552072527
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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