Und der Ozean war unser Himmel
Was, wenn es andersherum wäre? Wenn nicht Menschen Tiere jagen würden, sondern Tiere Menschen? Patrick Ness geht der Frage am Beispiel von Hermann Melvilles Klassiker "Moby Dick" nach. Dementsprechend kehrt er Perspektiven und Raumverhältnisse um, was sich im poetischen Titel bereits andeutet: "Und der Ozean war unser Himmel". So jagen bei Ness die Wale die Menschen, seine Hauptfigur, das Walkalb Bathseba, erzählt von einer besonderen Jagd in ihrer Jugend. Angeführt von Kapitänin Alexandra, ihrerseits ein furchtweinflößender riesiger Wal, dem eine abgebrochene Harpune im Körper feststeckt, ist sie mit anderen Walen unterwegs im Meer, um gegen die Menschen / die Menschheit zu kämpfen. Nach dem Fund eines mysteriösen Schiffes, in dem es nur mehr einen Überlebenden gab, nehmen sie Jagd auf ihren größten (menschlichen?) Feind auf: Toby Wick. Man sagt, er sei der Teufel selbst … Sehr dunkel, interessant und spannend, aber auch ziemlich pathetisch. Kapitänin Alexandra formuliert vor der letzten Schlacht: "Wir sind auserwählt worden, und ob nun durch Prophezeiung, Schicksal oder gar Zufall, liebe Bathseba, selbst du kannst nicht leugnen, dass für uns alle der entscheidende Moment gekommen ist." Im Zusammenspiel mit den atmosphärisch düsteren Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Rovina Cai entsteht eine sehr konzentrierte Geschichte. Für Leser/-innen, die das Besondere lieben. Auch für Erwachsene.
Anna Winkler-Benders
rezensiert für den Borromäusverein.
Und der Ozean war unser Himmel
Patrick Ness ; Illustrationen von Rovina Cai ; aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell
cbj (2021)
158 Seiten : Illustrationen (farbig)
fest geb.