Auerhaus
Parataktische Sätze, flapsige Wortwahl, knappe Dialoge werfen den Leser mitten ins Geschehen. Frieder hat einen Selbstmordversuch unternommen. Die Ärzte empfehlen, er solle nicht mehr bei seinen Eltern einziehen. Da trifft es sich gut, dass das Haus seines Großvaters gerade leer steht. Ich-Erzähler Höppner und weitere Freunde ziehen mit ein in die Schüler-WG, um Frieder von einem erneuten Versuch abzuhalten, sich umzubringen. Derweil nimmt der Deutschlehrer mit ihnen Goethes Werther durch; Sturm und Drang, sie sammeln Gründe für einen Selbstmord. - Ein großes Thema also, präsentiert im Jugend-Sound, der stark an Wolfgang Herrndorfs "Tschick" (BP/mp 11/111) erinnert. Es geht aber nicht vordergründig um Selbstmord, sondern ums Erwachsenwerden. Die jungen Leute reden viel über Gott und die Welt, machen Blödsinn, einer kifft, Frieder klaut im Supermarkt, sie veräppeln die Polizei. Und doch sind es liebenswerte Charaktere. Sogar der Dorfpolizist erkennt an, dass sie Frieder nicht allein lassen. Und die Lehrer lassen Frieder und Höppner ungestraft im Unterricht lesen. Frieder ist der Philosoph, der die Sinnfrage stellt, beobachtet vom Witze machenden Comicleser. - Ein großartiger Coming-of-Age-Roman, der die erwachsenen Leser in eine Jugend zurückführt, als ihnen der griechische Imiglykos noch schmeckte.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Auerhaus
Bov Bjerg
Aufbau Taschenbuch-Verl. (2017)
240 S.
kt.