Der Vorweiner

Anna und Berta, Mutter und Tochter, leben nach klimawandelbedingten Naturkatastrophen und Kriegen in einer dystopischen Gesellschaft - vielleicht am Ende dieses Jahrtausends. Mit manchen Anleihen an George Orwells "1984" sehnen sich beide, auf einem Der Vorweiner Betonhochplateau in einem Rest-Westeuropa lebend, nach menschlicher Nähe. Ihre Gesellschaftsschicht leistet sich für den Fall ihres Todes einen "Vorweiner". Dafür kommen nur erfolgreich geflüchtete Männer, die in Übergangslagern leben und von einer staatlichen Kontrolle verwaltet werden, infrage. Die konnten sich aus Erdteilen, die inzwischen überschwemmt worden sind, in diese Lager retten. Trauer und Tod scheinen so erfolgreich von Dienstleistern übernommen und aus einem familiären Zusammenhang verbannt worden zu sein. Sehnsüchte, soziale Beziehungen, alltägliche Unterstützung erhält die Oberschicht von Mitgliedern einer Niederschicht. "Betäuber", "Gottes Auge" oder "Chirurgen" treten als Institutionen der Lenkung der Welt auf. Berta muss in Annas Anwesen dem Vorweiner weichen, distanziert sich mit einem Partner in eine eigene Umgebung, bis sie nach vielen Wirren als Erbin ohne Partner das Reich der Mutter übernimmt. - Diese Dystopie, also eine Erzählung mit einem nicht wünschenswerten Zukunftsentwurf und ohne Hoffnung, spielt eruptiv, in verknappter Sprache mit Optionen für eine Weltentwicklung. In der Kürze des Textes werden die Dimensionen der Gesellschaftsordnung kaum erkennbar in Verbindung zueinander gebracht.

Rolf Pitsch

Rolf Pitsch

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Vorweiner

Der Vorweiner

Bov Bjerg
claassen (2023)

237 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 752727
ISBN 978-3-546-10038-0
9783546100380
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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