Heimstadt muss sterben
Die Handlung dieser Geschichte, angesiedelt zwischen Krimi und Schelmenroman, ist eher zweitrangig. Auf alle Fälle ist die Hauptperson Graf, ein Kleinstverleger, Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Der Inhaber der örtlichen Waffenfabrik (Heimstadt ist unverkennbar Oberndorf/Neckar mit der Waffenfabrik von Heckler & Koch) wird getötet und Graf werden zwei USB-Sticks mit rätselhaften Inhalten zugespielt; er fühlt sich nun irgendwie bemüßigt, Aufklärung zu betreiben. Mit unterschiedlichen Beteiligten wird die Sache nun diskutiert, beleuchtet, immer wieder neu beredet. Sein Freundeskreis und auch seine Lebensgefährtin sind ihm mal eine Hilfe und mal verhalten sie sich kontraproduktiv. Graf zweifelt an den Honoratioren der Stadt, mal zu Recht und manchmal auch zu Unrecht. Eine Geschichte, deren Ausgang letztlich eher bedeutungslos ist. - Wer hier einen herkömmlichen Krimi, wie sie die Autorin schon mehrfach geschrieben hat, erwartet, liegt komplett verkehrt. Es ist eine Mischung aus Sozialkritik und Bürgerschelte. Die Gruppe um Graf räsoniert über das Weltgeschehen heute und gestern; sie sind in der Mehrzahl Hedonisten; Erörterungen über den Vorfall Waffenfabrikant geraten da oft sehr ins Nebensächliche. Die Unterhaltungen, immer wieder in Streit ausartend, sind witzig, sprunghaft, geistreich, unterhaltend. Die Texte in dem Buch sind durchgehend schräg, voller ungewöhnlicher Wortfindungen, Ausdrücke, Namensgebungen. In einem Feuilleton war zu lesen: "Die Autorin ist eine Sprachfricklerin und -häklerin, jeder Satz ist bei ihr ein Anlauf ins Ungewöhnliche, so noch nicht Formulierte." - Für Leser/innen, die sich auch auf Ungewöhnliches einlassen, sehr zu empfehlen.
Erwin Wieser
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Heimstadt muss sterben
Uta-Maria Heim
Klöpfer & Meyer (2016)
357 S.
fest geb.