Die Sache mit Sorge
Das erstmals 2008 bei Carlsen erschienene Werk der bekannten deutschen Comickünstlerin Isabel Kreitz hat nun der Berliner Reprodukt-Verlag neu aufgelegt. Darin zeichnet Kreitz ein Lebensbild der letzten Monate der Tätigkeit des 1895 im russischen
Baku geborenen und nach dem Ersten Weltkrieg zum Kommunismus gelangten Richard Sorge im Jahre 1941. Sorge war bereits etliche Jahre als Journalist für deutsche Zeitungen getarnt an der deutschen Botschaft in Tokio tätig, genoss das Vertrauen des Botschafters Eugen Ott und war Mittelpunkt eines bis in höchste Regierungskreise Japans reichenden kleinen Spionagerings. Kreitz lässt die Ereignisse dabei vor allem aus der Sicht mehrerer überlebender Zeitzeugen Revue passieren: Die Pianistin Eta Harich-Schneider, die sich im Frühjahr 1941 als Freundin der Frau des Botschafters aus Nazideutschland nach Japan abgesetzt hatte und eine Beziehung zu Sorge einging, sowie das Unternehmerehepaar Clausen, dessen Mann ebenfalls dem Spionagering angehörte und sich als Funker für Sorge betätigte. Sorges ohnehin labile Verfassung erhält einen schweren Schlag, als Stalin ihm seine Anfang Juni 1941 abgesetzte, wohl wichtigste Meldung, Nazideutschland werde in Kürze Russland angreifen, nicht glaubt. Daraufhin verfällt er noch mehr als zuvor dem Alkohol. Im Herbst 1941 wird der Spionagering von der japanischen Militärpolizei sukzessive ausgehoben und schließlich wird auch Sorge verhaftet. Die biografische, durch ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Zeichnungen illustrierte Bilderzählung wird durch einen vom Journalisten Frank Giese verfassten dokumentarischen Anhang ergänzt und hat auch 16 Jahre nach dem Ersterscheinen nichts an Spannung und Aktualität verloren. Um dem Geschehen eine große Authentizität zu verleihen, hat Kreitz kleinere Textpassagen unübersetzt in englischer oder in japanischer Sprache verfasst. Das kann einzelne Lesende stören, aber die Bildfolgen sprechen eigentlich für sich. Breit einsetzbar.
Siegfried Schmidt
rezensiert für den Borromäusverein.

Die Sache mit Sorge
Isabel Kreitz
Reprodukt (2024)
242 Seiten
fest geb.