New York Ghost

Candace Chen, die Ich-Erzählerin, betreut in einem New Yorker Buchverlag die Produktion kitschiger Bibelausgaben, fabriziert im chinesischen Shenzhen, wo die Arbeitskräfte billig sind. Als sich das durch Pilzsporen hervorgerufene "Shen-Fieber“ New York Ghost durch die Globalisierung weltweit ausbreitet, zeigt Candance in ihrem Foto-Blog das zunehmend vom Fieber erfasste menschenleere New York. Ihr Leben erschöpft sich wie das aller Menschen um sie herum in sich endlos wiederholenden "Routinen" ohne Sinn und Zweck. Selbst die Trennung von ihrem Freund und die Entdeckung ihrer Schwangerschaft ändern nichts, Candace macht sogar in der entvölkerten Stadt in ihrem Büro allein weiter. Als letzter Mensch verlässt sie New York und trifft eine Gruppe Überlebender, von denen einer sogleich den Anführer spielt und über die anderen entscheidet. Die Beschreibung der Tätigkeiten der Gruppe, die ihr Überleben sichern muss, artet trotz mancher Grausamkeiten ebenfalls in Routine aus. Ein zweiter Handlungsstrang führt zurück in die Kindheit der Ich-Erzählerin, die im Alter von 6 Jahren mit ihren Eltern aus China in die USA kam. - Die chinesisch-stämmige Autorin beschreibt in ihrem Debüt-Roman, der 2018, also vor unserer Corona-Pandemie erschien, auf faszinierende Weise nicht nur ein Apokalypse-Szenario, sondern klagt auch den menschenverachtenden globalen Kapitalismus an - ein Plädoyer gegen ein Leben ohne Sinn. Ein eindrucksvoller Roman über die Folgen einer Pandemie für das Verhalten der Menschen, über die Risiken globaler Wirtschaftsbeziehungen, über Migration und über Heimatlosigkeit. Sehr zu empfehlen.

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

New York Ghost

New York Ghost

Ling Ma ; aus dem Englischen von Zoë Beck
CulturBooks (2021)

359 Seiten : Illustration
fest geb.

MedienNr.: 603559
ISBN 978-3-95988-152-4
9783959881524
ca. 23,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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