Die Jungfrau

Gloria und Moni sind seit Kindertagen befreundet und könnten unterschiedlicher nicht sein. Gloria, die Exzentrische, die Schöne, die in Reichtum in einem großen Haus mit ihrer Mutter, vom Vater verlassen, lebt, und Moni, die Praktische, die mit Großfamilie auf engstem Raum im Glasscherbenviertel Wiens wohnt. Schule, Theatergruppe, Zukunftsvisionen - vieles verbindet die beiden, doch schwingt auch immer ein wenig Konkurrenz mit. Als das Vorhaben, heimlich nach Amerika zu fliegen, den beiden Teenagern misslingt, verbringen beide in Abgeschiedenheit zwei intensive Wochen miteinander, die mehr zu ihrer Entwicklung beizutragen vermag als die geplatzte Reise in die Ferne. Was Moni durch Auseinandersetzung und Anstrengung zu erreichen sucht, fliegt Gloria anscheinend von selbst zu. Sie ist es, die am Max Reinhardt Seminar Schauspiel studiert, weil sie kann, nicht, weil sie darum kämpft. Die Lebenswege trennen sich bis zu dem Tag, an dem Moni ein Brief der nun über siebzigjährigen Gloria erreicht, in dem sie angesichts einer bedrohlichen Krankheit um einen Besuch bittet. Moni kommt der Bitte nach, obwohl sie weit entfernt von den Geschichten um und mit der Freundin ist. Die zwei Frauen kennen und erkennen sich schnell wieder und in der Rückschau wird das Leben, das beide gemeinsam begannen, aufgerollt. Aufgehängt wird die novellenartige Geschichte an der unerhörten Begebenheit, dass Gloria als Jungfrau dem Tod entgegensieht. Das ist nicht weiter wichtig, aber doch immer wieder Inhalt des Kontroversen, des Widersprüchlichen und Ungelebten. Die Erzählung spannt einen Bogen bis hin zur Anfangsepisode, in der beiden Mädchen die Welt offensteht, wenn auch mit sehr verschiedenen Voraussetzungen. Monika Helfer erzählt dicht, manchmal konfrontativ deftig und immer in Anspannung, die den Lesefluss nicht unterbrechen lässt. Wieder wird der schmale Roman autofiktional beschrieben und wieder ist der Autorin eine sehr lesenswerte, bedenkenswerte Erzählung gelungen!